"Chatkontrolle": EU-Vorschlag zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch im Digitalausschuss diskutiert

Im Digitalausschuss des Bundestags wurde mit einem Vertreter des Bundesinnenministeriums der Entwurf der Europäischen Kommission für eine Verordnung zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch im Internet diskutiert, der unter dem Stichwort "Chatkontrolle" massiv – insbesondere von Datenschützern - kritisiert wird. Laut parlamentarischem Pressedienst war man sich einig, dass beim Kampf gegen die Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen Verfassungskonformität hergestellt werden müsse.

Massive Kritik an "Chatkontrolle"

Unter den Verordnungsentwurf fallen drei Arten von sexualisiertem Missbrauch, etwa Missbrauchsdarstellungen, bislang unbekanntes Material, aber auch das sogenannte Grooming, also gezielte Kontaktaufnahmen zu Minderjährigen in Missbrauchsabsicht. In Deutschland wird der Entwurf seit dem Bekanntwerden Anfang Mai unter dem Stichwort "Chatkontrolle" massiv kritisiert. Kontrovers diskutiert wird insbesondere über das Aushebeln oder Aufweichen der Verschlüsselung und wie genau Messenger-Dienste private Chats etwa mittels Suchalgorithmen auf kinderpornographische Inhalte wie Fotos oder Videos durchsuchen müssen. Sollte derartiges Material gefunden werden, wären Plattformen verpflichtet, solche Verdachtsfälle zu melden und zu entfernen. Unklar ist auch, wie eine neue EU-Zentralstelle, die mit den Behörden der Mitgliedsländer koordiniert handeln soll, ausgestaltet werden soll.

Regierung begrüßt Verordnungsentwurf

Die Bundesregierung begrüße, dass es bei dem Thema ein gemeinsames europäisches Vorgehen gebe und eine dauerhafte Rechtsgrundlage geschaffen werden soll. Insbesondere begrüßt werde die Stärkung von Präventionsmaßnahmen und dass die Anbieter digitaler Plattformen adressiert und die Provider zu technischen Maßnahmen verpflichtet werden könnten, da die bisherigen freiwilligen Maßnahmen nicht ausreichten. Insbesondere die Messenger-Dienste spielten bei der Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen eine führende Rolle, sagte der BMI-Vertreter. Klärungsbedarf bestehe aus Sicht der Bundesregierung noch bei der konkreten Ausgestaltung der Zusammenarbeit mit Europol und der Governance-Struktur.

Viele Fragen der Ausschussmitglieder zum Entwurf

Die SPD-Vertreterin verwies außerdem auf Fragen der Vereinbarkeit des Entwurfs mit dem Koalitionsvertrag. Ein Unionsvertreter wollte Details zur geplanten zentralen europäischen Institution erfahren. Ein Grünen-Vertreter fragte nach den Rückmeldungen aus den anderen EU-Mitgliedsstaaten auf den Entwurf. Inwieweit die Verordnung mit dem Recht auf Verschlüsselung zusammenpasse und wie die Überlegungen beim Thema Altersnachweis bzw. Ausweispflicht aussehen, interessierte einen Abgeordneten der FDP. Ein Vertreter der AfD-Fraktion fragte nach den Auswirkungen des Entwurfs auf die Geschäftsbeziehungen von Cloudanbietern und ihren Kunden. Eine Vertreterin der Linksfraktion wollte Details zu den geplanten Präventionsmaßnahmen erfahren, etwa ob Jugendämter oder Anlaufstellen für Betroffene gestärkt werden sollen.

Redaktion beck-aktuell, 23. Juni 2022.