1 ½ Jahre Cannabislegalisierung: Der Konsum stagniert, der Schwarzmarkt auch

Vor eineinhalb Jahren wurde der Umgang mit Cannabis für Privatpersonen liberalisiert. Jetzt liegt – wie im Konsumcannabisgesetz vorgesehen – eine erste Evaluation zu den Auswirkungen vor. Diese bleibt in ihren Aussagen vage. Immerhin: Einen dringenden Handlungsbedarf zeigt der Zwischenbericht nicht auf. 

Unter die Lupe genommen hat das Verbundforschungsprojekt EKOCAN sechs Bereiche: den Cannabismarkt, den Kinder- und Jugendschutz, den Gesundheitsschutz, die cannabisbezogene Kriminalität, das Konsumverbot sowie die Besitz- und Weitergabemengen. 

Bei den Bezugsquellen lässt die Evaluation die genauen Marktanteile offen. Festgestellt wird lediglich, dass der weiterhin illegale "social supply" eine zentrale Rolle einnimmt, sprich: die Weitergabe von Cannabis im sozialen Umfeld. Ebenfalls häufig zu sein "scheint" laut Zwischenbericht der Bezug von Konsumcannabis aus dem privaten Eigenanbau sowie von Medizinalcannabis aus Apotheken. Aber auch der Schwarzmarkt spiele weiterhin eine Rolle. Nur wenige Konsumierende besorgten sich Cannabis im Straßenhandel.

Auch zum Kinder- und Jugendschutz bleiben die Aussagen vage: Es gebe "Hinweise" sowohl auf einen Rückgang der cannabisbezogenen Meldungen an die Jugendämter als auch auf die Zahl der Suchtberatungen, die Jugendliche in Anspruch nehmen. Allerdings sei der Cannabiskonsum unter Jugendlichen schon seit 2019 zurückgegangen, das setze sich wohl fort. Cannabisvergiftungen unter Kindern waren laut EKOCAN vor und sind auch nach der Teillegalisierung "äußerst selten". Ein möglicher Einfluss des KCanG auf akute oder chronische Gesundheitsprobleme infolge des Cannabiskonsums unter Jugendlichen könne derzeit nicht bestimmt werden.

Auch beim Cannabiskonsum Erwachsener beobachten die Experten und Expertinnen "keine eindeutigen Änderungen des bisherigen Trends". Zwar nehme der Konsum wie etwa seit 2011 weiter zu, jedoch deute nichts auf einen sprunghaften Anstieg infolge der Legalisierung hin. Allerdings gebe es "Hinweise" auf einen leichten Anstieg akuter Gesundheitsprobleme seit Inkrafttreten des KCanG im April 2024. Keine großen Änderungen sieht die Evaluation im Bereich der Straßenverkehrssicherheit. Die Zahl der Unfälle unter dem Einfluss "anderer berauschender Mittel", darunter von Cannabis, sei "vor und nach Inkrafttreten des KCanG" angestiegen, "wobei der genaue Einfluss der Teillegalisierung nur durch weitere statistische Auswertungen ermittelt werden kann".

Bei den cannabisbezogenen Delikten ist die Gesamtzahl im Hellfeld um 60 bis 80% zurückgegangen. Diesen Rückgang führt EKOCAN auf den Wegfall konsumnaher Delikte zurück. Ergo machten die schwereren (Handels-)Delikte nun einen wesentlich größeren Anteil der Cannabisdelikte im Hellfeld aus. Genaueres lasse sich aufgrund der vorhandenen Datenlage dazu aber noch nicht sagen.

Auch zu Konsumverbot und Besitzmenge keine "robusten" Aussagen

Auch zu den Auswirkungen des Konsumverbots in Gegenwart von Kindern und Jugendlichen sowie in der Nähe von Orten, die Kinder und Jugendliche häufig besuchen (§ 5 KCanG), kann die Evaluation keine Aussagen treffen. Aus Sicht der Konsumierenden werde in der Regel in privaten Räumlichkeiten konsumiert, heißt es. Nur wenige unter ihnen hätten angegeben, zumindest gelegentlich gegen das Konsumverbot zu verstoßen. Polizei und Ordnungsbehörden meldeten praktische Probleme bei der Umsetzung der Regelungen. Für "überlegenswert" hält EKOCAN eine Vereinfachung der Konsumverbotsregelung sowie eine Harmonisierung der Konsumverbote von Cannabis und Nikotin.

Die Besitzmenge von 25 Gramm Cannabis im öffentlichen Raum fänden die Komsumierenden der Evaluation zufolge ausreichend – die Polizei halte diese Menge aber für zu groß; sie behindere ihre Ermittlungsarbeit in Bezug auf den illegalen Cannabishandel. Mangels belastbarer Daten zeichne sich hier aber kein dringender Handlungsbedarf ab. Zur erlaubten Besitzmenge von bis zu 50 Gramm am Wohnort weist der Zwischenbericht darauf hin, dass diese nicht auf die übliche Erntemenge aus dem häuslichen Anbau von bis zu drei Cannabispflanzen abgestimmt ist (letztere dürfte in der Regel über 50 Gramm liegen). Unterschiedliche Optionen zur Auflösung dieser Inkongruenz mitsamt den Implikationen für Gesundheitsschutz und Kriminalität würden "diskutiert", ohne dass dringender Handlungsbedarf ersichtlich sei.

Das Fehlen dringlichen Handlungsbedarfs lässt sich als Fazit der Evaluation insgesamt festhalten. Eine Korrektur wäre laut Zwischenbericht allenfalls in Sachen Anbauvereinigungen angezeigt, sofern politisch im Vordergrund stehe, dass der Schwarzmarkt durch sie zurückgedrängt werden soll. Denn das klappe bisher nicht.

Redaktion beck-aktuell, bw, 29. September 2025.

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