Anforderungen an Heranziehung zu Kreisumlage bei rückwirkender Heilung der Haushaltssatzung

Erlaubt das Landesrecht eine rückwirkende Heilung fehlerhafter Haushaltssatzungen zur Erhebung der Kreisumlage auch nach Ablauf des betreffenden Haushaltsjahres, muss der Kreistag die bei Erlass der Heilungssatzung verfügbaren Informationen über den Finanzbedarf des Kreises und der kreisangehörigen Gemeinden in jenem Haushaltsjahr ermitteln und berücksichtigen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.

Fall bereits zuvor beim BVerwG gelandet

Die klagende Gemeinde wurde für das Haushaltsjahr 2013 zur Kreisumlage herangezogen. Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern in Greifswald hielt die 2013 beschlossene Haushaltssatzung mangels förmlicher Anhörung der Gemeinden und eine 2018 erlassene Heilungssatzung wegen Ablaufs des Haushaltsjahrs 2013 für unwirksam. Im Mai 2019 verneinte das BVerwG eine bundesrechtliche Pflicht zur förmlichen Anhörung der umlagepflichtigen Gemeinden und verwies die Sache zur Klärung, ob die Umlageerhebung zu einer verfassungswidrigen Unterfinanzierung der Klägerin führte, an das OVG zurück. Der Kreistag hat 2020 aufgrund einer neuen landesgesetzlichen Ermächtigung den Haushalt für 2013 durch eine rückwirkende – zweite – Heilungssatzung erneut beschlossen. Das OVG hat diese Satzung für rechtmäßig gehalten und die Klage abgewiesen (BeckRS 2020 37255).

Grenzen rückwirkender Umlageerhebung unzutreffend konkretisiert

Die Revision der Gemeinde hatte Erfolg. Das angegriffene Urteil habe die Grenzen, die das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG) der rückwirkenden Umlageerhebung zieht, unzutreffend konkretisiert, bemängelt das BVerwG. Es verbiete dem Landkreis, bei der Umlagefestsetzung seine finanziellen Interessen einseitig und rücksichtslos zu bevorzugen. Erhebe er die Umlage rückwirkend, müsse er die bei Satzungserlass verfügbaren Informationen über den damaligen Finanzbedarf ermitteln und berücksichtigen.

Entscheidungserhebliches Vorbringen nicht berücksichtigt

Das danach entscheidungserhebliche Vorbringen, der Landkreis habe 2013 Überschüsse in Millionenhöhe erwirtschaftet, habe das OVG jedoch übergangen, stellten die Leipziger Richter fest. Auch den Einwand der Klägerin, ihre Steuerhoheit werde durch die ihr abverlangten Umlagen entwertet, habe das OVG nicht geprüft. Darüber hinaus hätte dieses nicht offenlassen dürfen, ob die Heranziehung zur Kreisumlage für das Jahr 2013 für sich genommen oder im Zusammenwirken mit anderen Umlagen zu einer verfassungswidrigen strukturellen und dauerhaften Unterfinanzierung der Klägerin führte. In solchen Fällen sei die Umlageerhebung nur wirksam, wenn die Gemeinde eine erfolgversprechende Möglichkeit habe, zusätzliche Finanzmittel oder eine Umlagebefreiung zu erlangen. Dagegen lasse das angegriffene Urteil es genügen, dass eine Rechtsgrundlage für Befreiungen bestand, und übergehe, so das BVerwG, dass der Landkreis eine Befreiung der Klägerin abgelehnt hatte.

BVerwG, Urteil vom 29.11.2022 - 8 C 13.21

Gitta Kharraz, 30. November 2022.