BVerwG: Zuckerung bei Weinherstellung kann zu Versagen amtlicher Prüfungsnummer führen

Die Zuckerung eines Weinerzeugnisses in der Gärphase darf nur der Erhöhung des Alkoholgehalts dienen und nicht zu einer Umgehung des Verbots führen, den Wein mit Zucker (Saccharose) zu süßen. Das hebt das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom 30.01.2020 hervor (Az.: 3 C 6.18).

Landwirtschaftskammer: Unzulässige Süßung bei unzureichender Zucker-Vergärung

Der Kläger ist Inhaber eines Weinguts. Er erhielt für seinen Riesling aus dem Jahrgang 2014 eine amtliche Prüfungsnummer für Qualitätswein. Nachdem die Untersuchung der im Rahmen einer Betriebskontrolle entnommenen Proben einen Restzuckergehalt von 17,1 g/l bei einem Glucose-Fructose-Verhältnis von 47 zu 53 ergeben hatte, gab der Kläger an, bei der zweiten Anreicherung vom März 2015 sei der zugegebene Zucker offenbar nicht vollständig vergoren. Mit Bescheid vom 24.09.2015 nahm die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz den Prüfungsbescheid zurück. Entgegen den im Antragsverfahren gemachten Angaben sei der Wein gesüßt und damit unter Anwendung eines nicht zugelassenen önologischen Verfahrens hergestellt worden. Die Zugabe von Saccharose im Rahmen der Anreicherung bewirke eine unzulässige Süßung, wenn eine ausreichende Vergärung des Zuckers nicht stattgefunden habe.

OVG: Vorhandene Restsüße darf nicht von Saccharose-Zugaben herrühren

Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz darf die im Wein vorhandene Restsüße nur von frischen Weintrauben und von Traubenmost, nicht aber von Saccharose-Zugaben herrühren. Die Annahme des Klägers, jegliche Zuckerzugabe, die während der Gärphase nach den gesetzlichen Bestimmungen erfolge, müsse auch im Hinblick auf den im Wein verbleibenden Restzuckergehalt unbedenklich sein, treffe nicht zu. Der vom Kläger noch im März zur Anreicherung zugegebene Kristallzucker sei nur zu 10% vergoren. Damit liege eine unzulässige Süßung vor.

BVerwG: Süßung nur zu Erhöhung des Alkoholgehalts zulässig

Das BVerwG hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Nach den maßgeblichen Vorschriften des europäischen Weinrechts (Art. 3 Abs. 5 in Verbindung mit Anhang I D Nr. 1 der Verordnung 606/2009/EG) dürfe Qualitätswein nicht mit Zucker gesüßt werden. In der Gärphase dürfe dem Erzeugnis zur Erhöhung des natürlichen Alkoholgehalts nach Maßgabe näherer Bestimmungen (Art. 80 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang VIII Teil 1 der Verordnung 1308/2013/EU) Saccharose zugesetzt werden. Sinn und Zweck dieser sogenannten Anreicherung sei die Erhöhung des vorhandenen Alkoholgehalts und nicht der Restsüße. Sie dürfe nicht zu einer Umgehung des Verbots führen, den Wein mit Zucker zu süßen. Von einer Umgehung sei hier auszugehen. Nach den bindenden Feststellungen des OVG seien nur 10% der im März 2015 zugegebenen Saccharose zu Alkohol vergoren. Eine Prüfungsnummer dürfe einem solchen Wein nicht erteilt werden.

BVerwG, Urteil vom 30.01.2020 - 3 C 6.18

Redaktion beck-aktuell, 30. Januar 2020.