Wer hat Vor-Ort-Kontrolle unmöglich gemacht?

Wer das Landwirtschaftsamt für eine Überprüfung der zweckgerichteten Verwendung von Fördermitteln auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet, weil das unangekündigte Erscheinen seiner Beamten gerade mit einem anderen Termin kollidiert, macht die Kontrolle nicht automatisch unmöglich. Das Bundesverwaltungsgericht entschied in einem Fall, in dem der betroffene Bauer die Beamten zwar erst stehenließ, aber innerhalb der nächsten halben Stunde eine Vertretung organisierte, den Widerruf des Leistungsbescheids aufzuheben. Die Kontrolle war nicht durch den Landwirt unmöglich geworden, sondern durch die Beamten: Sie hatten ihr Mobiltelefon ausgeschaltet und waren nicht erreichbar.

Kontrolle kommt gerade recht ungelegen

Ein Landwirtschaftsbetrieb erhielt 2009 eine Subvention in Höhe von rund 377.000 Euro, um Stall- und andere Wirtschaftsgebäude zu errichten. Eine Auflage des Leistungsbescheids bestand darin, eine unangekündigte Vor-Ort-Kontrolle zu gestatten, um die zweckgebundene Verwendung des Geldes zu überprüfen. Nach einem "Hinweis", es bestehe der Verdacht der missbräuchlichen Verwendung der Fördermittel, führte das Amt für Landwirtschaft eine unangekündigte Kontrolle des Betriebs durch. Zwei seiner Beamten standen am 22.03.2012 um 10.50 Uhr vor dem Tor des Hofs und begehrten Einlass. Der Bauer verließ gerade das Gelände und befand sich im Stress, er musste um 12.00 Uhr 180 Kilometer entfernt einen Vortrag halten und war schon spät dran, weil sich ausgerechnet an diesem Tag wegen eines Stromausfalls das Hoftor nicht hatte öffnen lassen. Er lehnte die sofortige Begehung also ab und vertröstete die Kontrolleure auf den Abend oder auf den nächsten Tag. Auf dem Weg organisierte er aber eine Vertretung und rief die Beamten keine halbe Stunde später an, um ihnen mitzuteilen, dass sie gerne doch sofort ihrer Aufgabe nachkommen könnten – allerdings vergeblich, denn diese hatten aufgrund einer Dienstanweisung ihr dienstliches Mobilfunktelefon ausgeschaltet, um den Akku zu schonen. Mit der Begründung, die Landwirte hätten gegen die Auflage verstoßen, widerrief das Amt den Förderbescheid und forderte die gesamte Summe zurück. Die Klage der Bauern hatte weder vor dem Verwaltungsgericht noch vor dem Oberverwaltungsgericht Greifswald Erfolg – erst das BVerwG hatte ein Einsehen und hob den Widerrufs- und Rückforderungsbescheid auf.

Bauer hat Kontrolle nicht unmöglich gemacht

Der Leistungsbescheid durfte laut den Leipziger Richtern nicht nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG M-V widerrufen werden. Der 3. Senat des BVerwG verwarf die Ansicht des OVG, die Landwirte müssten per Auflage eine "jederzeitige" Kontrolle ermöglichen. Ihre dahin gehende Pflicht gelte nicht um jeden Preis, sondern nur bis zur Zumutbarkeitsgrenze. Bei unangekündigten Kontrollen müssten die Beamten unter anderem mit einer Terminkollision rechnen. Diese seien dem Bauern auch nicht vorwerfbar, immerhin könne er sich nicht auf plötzliche Kontrollen einstellen. Aber er hätte vor Ort – und nicht erst auf der Fahrt – eine Vertretung organisieren müssen; oder den Kontrolleuren wenigstens mitteilen müssen, dass er sich in der nächsten halben Stunde darum kümmere, dass sie ein Vertreter durch den Betrieb begleitet. Diesen Fehler hat der Landwirt den Leipziger Richtern zufolge aber ausgeglichen, indem er eben doch einen Vertreter schickte – deshalb habe er die Kontrolle nicht unmöglich gemacht. Dass er anschließend die Beamten nicht erreichen konnte, um ihnen das mitzuteilen, liege in der Verantwortung des Amts. Hätten sie zurückfahren und die Kontrolle durchführen können, wäre der Zweck der Kontrolle erreicht worden, weil die Beamten auch hätten schauen können, ob während der Verzögerung eine Vertuschung einer zweckwidrigen Verwendung der Fördermittel stattgefunden hatte. Aus dem Unionsrecht ergebe sich nichts anderes.

BVerwG, Urteil vom 07.04.2022 - 3 C 8.21

Redaktion beck-aktuell, 5. Juli 2022.