BVerwG weist Klagen gegen Ausbau der Rheintalbahn zwischen Müllheim und Auggen ab

Die Gemeinde Auggen, die Stadt Müllheim und eine Privatperson sind mit ihren Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes zum Ausbau der Rheintalbahn zwischen Müllheim und Auggen gescheitert. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteilen vom 12.04.2018 ab (Az.: 3 A 10.15 und 3 A 16.15).

Ausbau zwischen Müllheim und Auggen planfestgestellt

Die bislang zweigleisige Strecke Karlsruhe – Basel soll insbesondere für den Güterverkehr um zwei weitere Gleise erweitert, also insgesamt viergleisig werden. Im etwa sechs Kilometer langen Abschnitt Müllheim – Auggen soll die Neubaustrecke in Bündelung mit der vorhandenen Trasse gebaut werden. Die DB Netz AG hatte ursprünglich die Planfeststellung für einen etwa zwölf Kilometer langen Abschnitt Buggingen – Auggen beantragt. Im März 2012 sprach sich ein aus Vertretern des Bundes, des Landes Baden-Württemberg, der DB Netz AG, der Region und von Bürgerinitiativen gebildeter Projektbeirat für die so genannte Bürgertrasse (Tieflage von Mengen bis Hügelheim mit Umfahrung Buggingen) aus. Da die für diese Trasse erforderlichen Umplanungen im nördlichen Bereich des ursprünglichen Abschnitts nicht kurzfristig erledigt werden konnten, beantragte die DB Netz AG, die Planfeststellung auf den südlichen Abschnitt 9.0b Müllheim – Auggen zu beschränken. Das Eisenbahn-Bundesamt stellte den geänderten Plan fest. Die Anwohner sollen unter anderem durch bis zu 5,5 Meter hohe Lärmschutzwände vor Schienenlärm geschützt werden.

BVerwG: Klage der Privatperson bereits unzulässig

Die dagegen gerichteten Klagen blieben ohne Erfolg. Die Klage der Privatperson sei bereits unzulässig gewesen, so das BVerwG. Dass sie durch den Schienenlärm mehr als geringfügig betroffen werde, habe sie selbst nicht geltend gemacht. Ihr Grundstück liege etwa 2,5 Kilometer von der Trasse entfernt. Auf die Vorschriften zum Schutz der öffentlichen Wasserversorgung – die Trasse verlaufe innerhalb der weiteren Schutzzone zweier Wasserschutzgebiete – könne sie sich nicht berufen. Die Festsetzung der Wasserschutzgebiete diene allein dem Wohl der Allgemeinheit. Der Umstand, dass sie ihr Wasser bei dem Versorger beziehen müsse, der die geschützte Trinkwassergewinnungsanlage betreibe, führe nicht zu einer qualifizierten und individualisierten Betroffenheit, auf die bei der Zulassung des Vorhabens Rücksicht zu nehmen sein könnte.

Kein Anspruch der Kommunen auf weitere Erörterung ihrer Einwendungen

Die Klagen der Gemeinde Auggen und der Stadt Müllheim waren laut BVerwG zwar zulässig, aber unbegründet. Eine weitere Erörterung ihrer Einwendungen hätten die Klägerinnen nicht verlangen können. Das Regierungspräsidium Freiburg habe im Februar 2008 Einwendungen gegen die Trassenwahl erörtert. Eine für Juli 2009 anberaumte Erörterung der Antragstrasse habe es abgesagt, weil Mitglieder einer Bürgerinitiative die Halle blockiert hatten. Es habe den Termin auch nicht nachgeholt. Das BVerwG weist darauf hin, dass bei Eisenbahnvorhaben die Anhörungsbehörde auf eine Erörterung verzichten könne. Das Regierungspräsidium Freiburg habe sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Welche ihrer Einwendungen nach der Erörterung im Februar 2008 noch offen gewesen seien und der Erläuterung in einem weiteren Erörterungstermin bedurft hätten, hätten die Klägerinnen nicht aufgezeigt.

Auch kein Anspruch auf ergänzende Anhörung nach Antragsbeschränkung  

Nach Auffassung des BVerwG hätten die Gemeinden auch nicht nach Beschränkung des Antrags auf den Abschnitt Müllheim – Auggen ergänzend angehört werden müssen. In der Gemeinde Auggen habe die Überarbeitung des Schallschutzkonzepts zwar in einzelnen Abschnitten zu höheren und längeren Lärmschutzwänden geführt, jedoch nur in gewerblich geprägten Teilen des Gemeindegebiets. Für das Ortsbild hätten diese Änderungen allenfalls eine geringfügige Bedeutung. Der Vorwurf, die neue Abschnittsbildung schließe bereits jetzt eine Tieflage auch für den Ortsteil Hügelheim der Stadt Müllheim im nördlich anschließenden Abschnitt aus, sei nicht berechtigt. Eine Tieflage von Mengen bis Hügelheim sei weiterhin möglich. Eine Tieflage über Hügelheim hinaus werde nicht durch die Abschnittsbildung, sondern durch die Feststellung der oberirdischen Trasse im Planfeststellungsabschnitt Müllheim – Auggen ausgeschlossen.

Planungshoheit der Kommunen nicht beeinträchtigt

Die Planungshoheit der Gemeinde Auggen und der Stadt Müllheim sieht das BVerwG durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt. Eine vorhabenbedingte Zunahme des Schienenlärms sei wegen der geplanten Lärmschutzwände und des sogenannten besonders überwachten Gleises trotz der prognostizierten Zunahme des Verkehrs nicht zu erwarten. Dass die neue Eisenbahnüberführung über den Klemmbach in der Stadt Müllheim nachteilige Auswirkungen im Fall eines Hochwassers habe, könne ausgeschlossen werden, nachdem das Eisenbahn-Bundesamt die Regelung zu den Abmessungen des Durchlasses in der mündlichen Verhandlung präzisiert und den Planfeststellungsbeschluss um Vorkehrungen gegen eine Verklausung des Durchlasses ergänzt habe.

Entscheidung für oberirdische Trassenführung abwägungsfehlerfrei

Eine Tieflage der Strecke habe das Eisenbahn-Bundesamt abwägungsfehlerfrei verworfen. Sie dränge sich nicht als eindeutig vorzugswürdig auf. Da die Probleme der oberirdischen Streckenführung den gesetzlichen Vorgaben entsprechend gelöst würden, hätten die deutlich höheren Kosten einer Tieflage trotz ihrer geringeren Auswirkungen auf das Orts- und Landschaftsbild den Ausschlag zugunsten der planfestgestellten oberirdischen Streckenführung geben dürfen. Dass der Projektbeirat die DB bereits vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses aufgefordert habe, die Trasse nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses in einem ergänzenden Verfahren mit zusätzlichem Lärmschutz auszustatten, entziehe der Planung nicht ihre Rechtfertigung. Die Entscheidung der DB für eine oberirdische Trassenführung im Abschnitt Müllheim – Auggen werde dadurch nicht berührt. Zudem habe die Aufforderung unter dem Vorbehalt gestanden, dass die parlamentarischen Gremien die erforderlichen Haushaltsmittel für die zusätzlichen Kosten bereitstellen.

BVerwG, Urteil vom 12.04.2018 - 3 A 10.15

Redaktion beck-aktuell, 13. April 2018.