Wassergebühren in Kassel müssen erneut überprüft werden

Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Klage gegen einen Wassergebührenbescheid der Stadt Kassel an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. In dem Verfahren ging es insbesondere um die Frage, ob in der Gebührenkalkulation eine sogenannte Konzessionsabgabe nach dem Energiewirtschaftsgesetz für die Benutzung öffentlicher Verkehrswege durch die Wasserleitungen berücksichtigt werden darf. Die Bundesrichter haben die Auslegung des VGH zum bundesrechtlichen Preisrecht beanstandet.

Wasserversorgung nach kartellrechtlicher Beanstandung neu organisiert

Die Wasserversorgung für die Stadt Kassel wurde früher von einer auch für die Energieversorgung zuständigen privatrechtlichen Gesellschaft durchgeführt, die Eigentümerin der Versorgungsanlagen und -leitungen war und für die Inanspruchnahme der öffentlichen Verkehrsflächen Konzessionsabgaben an die Stadt Kassel zahlte. Nach einer kartellrechtlichen Beanstandung der Wasserpreise als überhöht wurde die Wasserversorgung neu organisiert und obliegt seit 2012 einem Eigenbetrieb der Stadt. Die Wasserleitungen und -einrichtungen blieben im Eigentum der Versorgungsgesellschaft, die diese an den Eigenbetrieb verpachtet. Daneben erbringt die Versorgungsgesellschaft umfangreiche technische und kaufmännische Dienstleistungen für den Betrieb der Wasserversorgung. Hierfür erhält sie vom Eigenbetrieb der Stadt ein Entgelt, das nach dem Pacht- und Dienstleistungsvertrag auch die Erstattung der Konzessionsabgabe beinhaltet, die die Gesellschaft weiterhin für ihre Wasserleitungen zahlt.

VGH: Von Stadt erhobene Wassergebühren rechtswidrig

Der VGH Kassel hat die von der Beklagten erhobenen Wassergebühren als rechtswidrig angesehen (BeckRS 2018, 34729). Entgelte für Fremdleistungen, wie das hier zwischen dem Eigenbetrieb und der Versorgungsgesellschaft vereinbarte Entgelt, dürften nur in der für die Wasserversorgung erforderlichen Höhe in die Gebührenkalkulation einfließen. Fremdleistungsentgelte seien dabei in der Regel erforderlich, wenn sie den Vorgaben der Anlage zur Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom 21.11.1953 (Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten) entsprächen. Dies sei jedoch nicht der Fall, so der VGH, weil die Stadt durch die gewählte Organisationsform selbst Kosten schaffe, die letztlich vom Gebührenzahler finanziert würden und in den allgemeinen Haushalt flössen. Das widerspreche Nr. 4 Abs. 2 der Leitsätze für die Preisermittlung, weil danach nur solche Kosten zu berücksichtigen seien, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der Leistungen entstünden.

BVerwG beanstandet Auslegung bundesrechtlichen Preisrechts

Diese Auslegung des bundesrechtlichen Preisrechts hat das BVerwG beanstandet. Der VGH hätte bei der Prüfung des zwischen dem Eigenbetrieb und der Versorgungsgesellschaft vereinbarten Entgelts nicht – wie geschehen – die Stadt Kassel in den Blick nehmen dürfen, sondern nach § 5 Abs. 1 der genannten Verordnung auf die angemessenen Kosten des Auftragnehmers – hier also der rechtlich selbstständigen Versorgungsgesellschaft -– abstellen müssen. Für diese seien aber Konzessionsabgaben betriebsbedingte Kosten, die zwangsläufig mit der Leistungserbringung anfallen, so die Leipziger Bundesrichter.

Zulässigkeit der Umlegung auf Endverbraucher noch zu klären

Mit der Feststellung, dass die Konzessionsabgabe im Rahmen des an die Versorgungsgesellschaft geleisteten Entgelts preisrechtlich zulässig ist, ist laut BVerwG allerdings noch nicht geklärt, ob sie auch bei der Gebührenkalkulation berücksichtigt und auf die Endverbraucher umgelegt werden kann. Dies hänge von weiteren Voraussetzungen des Kommunalabgabenrechts ab, die sich allein nach dem hessischen Landesrecht beurteilen und über die im Revisionsverfahren deshalb nicht zu entscheiden ist. Die Sache wurde deshalb an den VGH zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.


BVerwG, Urteil vom 23.03.2021 - 9 C 4.20

Redaktion beck-aktuell, 24. März 2021.