Verwaltungsrechtsweg bei aufenthaltsgesetzlicher Durchsuchung

Will die Ausländerbehörde die Wohnung eines Ausländers durchsuchen, um dessen Ausreisepflicht durchzusetzen, muss sie den Durchsuchungsbeschluss beim Verwaltungsgericht beantragen. Das Bundesverwaltungsgericht sah keine abdrängende Zuweisung im niedersächsischen Polizeigesetz gegeben. Das Bundesland sei gar nicht ermächtigt, den Rechtsweg selbst zu bestimmen, da bereits eine bundesrechtliche Zuweisung zum Verwaltungsgericht bestehe.

Durchsuchung einer Wohnung zur Durchsetzung der Ausreisepflicht

Die Oldenburger Ausländerbehörde wollte jemanden in sein Heimatland abschieben und beantragte dazu einen Durchsuchungsbeschluss nach § 58 Abs. 6 und 8 AufenthG am örtlichen Verwaltungsgericht. Das Gericht lehnte ab und verwies die Streitigkeit zum Amtsgericht, weil dessen Zuständigkeit gegeben sei. Auch das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg verneinte die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts. Denn das Land Niedersachsen habe von der Befugnis Gebrauch gemacht, für diese aufenthaltsrechtliche Durchsuchungsanordnung die Zuständigkeit des örtlichen Amtsgerichts zu bestimmen. Die Behörde ließ sich nicht beirren und erhob Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht – mit Erfolg.

Keine abdrängende Zuweisung gegeben

Der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht ist nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, so das BVerwG. Die streitentscheidende Norm § 58 Abs. 8 AufenthG erfülle diese Voraussetzungen eindeutig. Entgegen der Ansicht des OVG sehen die Leipziger Richter aber in § 58 Abs. 10 AufenthG, wonach weitergehende Regelungen der Länder für die vorhergehenden Absätze unberührt bleiben, keine Möglichkeit für eine abdrängende Zuweisung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO: Der § 58 AufenthG werde von den von der Vorinstanz herangezogenen Normen §§ 3 Abs. 1 Satz 3, 25 Abs. 1 Satz 2 NPOG nicht zitiert. Eine Zuweisung sei also schon mangels ausdrücklicher Bezeichnung nicht gegeben. Der Wortlaut des § 58 Abs. 10 AufenthG "weitergehende Regelungen" spreche auch gegen eine Änderung des Rechtswegs, weil es gar nicht an einer Rechtswegbestimmung im Bundesrecht fehle. Die weitergehenden Regelungen könnten nur Sachverhalte betreffen, die das Bundesrecht nicht bereits bestimmt hat. Das BVerwG belegte sein Argument auch systematisch, denn für die Anordnung einer elektronischen Überwachung nach § 56a AufenthG hat der Gesetzgeber eigens in Abs. 9 die Zuständigkeit des Amtsgerichts bestimmt. Da eine solche Zuweisung in § 58 AufenthG fehle, bleibe der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

BVerwG, Beschluss vom 19.10.2022 - 1 B 65.22

Redaktion beck-aktuell, 14. November 2022.