BVerwG: Apothekerin mit Versandhandelserlaubnis darf Rezeptsammelbox in Supermarkt aufstellen

Eine Präsenz­apotheke mit Versandhandelserlaubnis im örtlichen Einzugsbereich ihrer Apotheke darf eine Einrichtung zum Sammeln von Verschreibungen und Arzneimittelbestellungen betreiben und die bestellten Medikamente durch eigene Boten ausliefern. Dies stellt das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 23.04.2020 klar (Az.: 3 C 16.18).

Streit um Rezeptsammelstelle

Die Klägerin ist Apothekerin und betreibt in der beklagten Stadt unter anderem die P-Apotheke. Sie verfügt zudem über eine Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Seit Ende 2014 unterhält sie im Eingangsbereich eines Supermarktes eine Einrichtung zum Sammeln von Verschreibungen und Arzneimittelbestellungen. Die Kunden können ihre Rezepte zusammen mit einem ausgefüllten Bestellschein in einen dafür vorgesehenen Umschlag stecken und in den angebrachten Briefkasten werfen. Der Briefkasten wird von der Klägerin oder einem Mitarbeiter regelmäßig geleert. Die Auslieferung der Medikamente erfolgt innerhalb des Stadtgebietes (versandkostenfrei) durch Boten der Klägerin. Außerhalb des Stadtgebietes werden die bestellten Arzneimittel durch einen externen Dienstleister (kostenpflichtig) versandt. Durch Ordnungsverfügung untersagte die Beklagte der Klägerin den Betrieb der Einrichtung mit der Begründung, es handele sich um eine unzulässige Rezeptsammelstelle, die von der Versandhandelserlaubnis nicht umfasst sei. Die gegen die Ordnungsverfügung gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.

BVerwG: Vertriebsmodell von Versandhandelserlaubnis gedeckt

Das BVerwG hat der Revision der Klägerin stattgegeben und die Ordnungsverfügung aufgehoben. Die von der Klägerin betriebene Einrichtung zum Sammeln von Rezepten und Bestellungen von Arzneimitteln sei von ihrer Versandhandelserlaubnis umfasst. Die Vorschriften des Apotheken- und des Arzneimittelrechts über den Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln schlössen eine Zustellung durch eigene Boten der Apotheke weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Regelungszweck aus. Dem Begriff des Versandhandels unterfalle auch ein Vertriebsmodell, das auf einen Versand im örtlichen Einzugsbereich der Apotheke ausgerichtet ist und hierfür eigene Boten der Apotheke einsetzt. Die Arzneimittelsicherheit sei nicht mehr gefährdet als beim Versand über größere Entfernungen mittels externer Versanddienstleister. Dass eine Zulassung dieses Vertriebsmodells zu einem signifikanten Rückgang der Apothekendichte und einer Gefährdung der Arzneimittelversorgung führen könnte, ist laut BVerwG ebenfalls nicht ersichtlich.

BVerwG, Urteil vom 23.04.2020 - 3 C 16.18

Redaktion beck-aktuell, 23. April 2020.