BVerwG: Verfassungsschutz muss Zugang zu Kriegsverbrecher-Akte gewähren

Der Verfassungsschutz muss einem Journalisten Zugang zu Akten über den Nazi-Kriegsverbrecher Alois Brunner gewähren. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am 11.12.2019 entschieden (Az.: 6 C 21.18). Es verwarf eine Revision des Bundesamtes für Verfassungsschutz gegen ein vorheriges Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen in Münster.

BVerwG bejaht "archivrechtlichen Nutzungsanspruch" für alte Akten

Das OVG hatte die Weigerung des Geheimdienstes, dem Journalisten der "Bild"-Zeitung die Akteneinsicht zu gewähren, 2018 für teilweise rechtswidrig erklärt. Das gelte für alle Akten, die älter als 30 Jahre sind. Nach Ablauf dieser Schutzfrist lägen die Voraussetzungen für einen "archivrechtlichen Nutzungsanspruch" vor, bestätigte das BVerwG.

Journalist erhofft sich neue Erkenntnisse über Alois Brunner

Der Reporter Hans-Wilhelm Saure sagte, er erhoffe sich neue Erkenntnisse über Alois Brunner. "Das war einer der schlimmsten NS-Verbrecher. Bis heute ist unklar, wer seine Unterstützer und Helfer gewesen sind", sagte Saure. Brunner hatte sich aus Deutschland nach Syrien abgesetzt, wo er 2001 gestorben sein soll.

Internationales Auschwitz Komitee begrüßt Entscheidung

Das Internationale Auschwitz Komitee bezeichnete das Urteil als eine Genugtuung für Überlebende des Holocaust in aller Welt. Vizepräsident Christoph Heubner appellierte zugleich an den Verfassungsschutz, der Öffentlichkeit alle Akten zu Brunner nicht länger vorzuenthalten. Auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hatte in der "Bild"-Zeitung vor der Entscheidung eine Offenlegung gefordert.

Beginn des Laufens der Frist strittig

Der Streit zwischen dem Verfassungsschutz und dem Journalisten drehte sich um die Frage, wie die 30-Jahres-Frist nach dem Bundesarchivgesetz zu berechnen ist. Das Bundesamt hatte argumentiert, die Frist beginne mit der letzten inhaltlichen Bearbeitung der Gesamtakte. Aus Sicht des Klägers ein Unding – denn dann würde mit jedem Blatt und jedem Bild, das hinzugefügt werde, die Frist von vorn beginnen. Er werde eine "immerwährende Akte" produziert, kritisierte der Anwalt des Journalisten, Axel Mütze.

BVerwG: Frist an einzelne Aktenbestandteile gekoppelt

Die Bundesverwaltungsrichter folgten der Argumentation des Reporters. Es komme nicht darauf an, wann die Akte insgesamt zuletzt bearbeitet wurde, sondern die Frist sei jeweils an einzelne Bestandteile der Akte gekoppelt.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2019 - 6 C 21.18

Redaktion beck-aktuell, 12. Dezember 2019 (dpa).

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