2005 wurde Unterhaltsbeihilfe um 15% gesenkt
Seit 1999 stehen Rechtsreferendare in Nordrhein-Westfalen nicht mehr im Beamtenverhältnis auf Widerruf, sondern in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis. In dieser Funktion erhalten sie keine Besoldung, sondern eine Unterhaltsbeihilfe, die zunächst in der Unterhaltsbeihilfenverordnung in Höhe des höchsten Anwärtergrundbetrags nach dem Bundesbesoldungsgesetz festgesetzt war. Das beklagte Land senkte die Höhe der Unterhaltsbeihilfe im Jahr 2005 durch Änderungsverordnung auf 85% dieses Betrags ab.
Ehemaliger Rechtsreferendar hält Änderungsverordnung für nichtig
Der Kläger war in den Jahren 2012 bis 2014 Rechtsreferendar bei dem beklagten Land. Vor dem Verwaltungsgericht machte er geltend, dass die ihm gewährte Unterhaltsbeihilfe zu niedrig bemessen sei. Das VG gab der Klage zum Teil statt, erachtete dabei jedoch die Absenkung auf 85% des vorherigen Niveaus für rechtmäßig. Das OVG wies dann die Berufungen des Klägers und des beklagten Landes zurück. Mit der vom BVerwG zugelassenen Revision des Klägers hat dieser vor allem geltend gemacht, die Änderungsverordnung aus dem Jahr 2005 sei nichtig.
BVerwG bejaht Zuständigkeit des Landesgesetzgebers für Verordnung
Das BVerwG hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Verordnung aus dem Jahr 2005 sei rechtmäßig, sei revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Zunächst habe der Landesgesetzgeber die Unterhaltsbeihilfenverordnung im Jahr 1999 gemeinsam mit dem hierzu ermächtigenden Gesetz als Rechtsverordnung erlassen dürfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfe der parlamentarische Gesetzgeber unter besonderen Voraussetzungen auch Rechtsverordnungen ändern. Hierzu gehöre, dass es sich um eine Anpassung im Rahmen einer Änderung eines Sachbereichs durch den Gesetzgeber handelt und dass die Vorschriften des Gesetzgebungsverfahrens sowie die Grenzen der Ermächtigungsgrundlage eingehalten sind (NVwZ 2006, 191). Diese Rechtsprechung ist nach Ansicht des BVerwG auf den erstmaligen Erlass einer Rechtsverordnung übertragbar.
Verordnungsermächtigung auch hinreichend bestimmt
Die Verordnungsermächtigung genüge im konkreten Fall auch den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Bereits aus dem Begriff "Unterhaltsbeihilfe“ folge, dass dieser existenzsichernde Funktion zukommen soll. Damit sei das Ausmaß des Spielraums des Verordnungsgebers insbesondere im Hinblick auf eine Untergrenze der Höhe der Unterhaltsbeihilfe durch den parlamentarischen Gesetzgeber hinreichend bestimmt. Es stehe im Ermessen des Verordnungsgebers, ob er sich bei der Ermittlung des existenzsichernden Niveaus am Bundesausbildungsförderungsrecht (BAföG), am Steuerrecht, am Sozialhilferecht oder an den Pfändungsfreigrenzen orientiert oder ob er einen eigenen Maßstab, der der existenzsichernden Funktion der Unterhaltsbeihilfe gerecht wird, entwickelt. Im konkreten Fall sei das erforderliche Niveau nicht unterschritten worden.
Verweis auf unterbliebene Zitierung der Ermächtigungsnorm läuft ins Leere
Auch die unterbliebene Zitierung der Ermächtigungsnorm in der Änderungsverordnung aus dem Jahr 2005 führt laut BVerwG nicht dazu, das Berufungsurteil zu beanstanden. Mit der Revision vor dem BVerwG könne ein Verstoß gegen das Zitiergebot der Landesverfassung (Art. 70 Satz 3 LV NW) nicht geltend gemacht werden. Das Zitiergebot des Grundgesetzes (Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG) finde auf die Normgebung des Landes keine Anwendung, weil es – anders als das Bestimmtheitsgebot – keine zwingend aus dem Rechtsstaatsgebot herzuleitende Vorgabe ist.
Keine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung mit Forstreferendaren
Eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung mit Forstreferendaren, bei welchen die Unterhaltsbeihilfe nicht abgesenkt worden ist, bestehe nicht. Das folge schon daraus, dass angesichts der sehr kleinen Anzahl an Forstreferendaren für den Beklagten kein Bedarf besteht, die Konkurrenzsituation mit anderen Bundesländern auch bezüglich der Höhe der Unterhaltsbeihilfe im Blick zu halten. Im Übrigen hätten Rechtsreferendare in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht wesentlich bessere Möglichkeiten, die Unterhaltsbeihilfe durch den Verdienst aus einer Nebentätigkeit, etwa bei einem Rechtsanwalt, aufzustocken.