Unterhalt umfasst Kosten der Kindertagesförderung für ein Pflegekind

Für ein Kind in Vollzeitpflege umfasst der vom Jugendhilfeträger sicherzustellende Unterhalt über die gewährten Unterhaltspauschalen hinaus auch die den Pflegeeltern entstehenden Kosten für die Förderung in einer Kindertagesstätte. Dies gilt laut Bundesverwaltungsgericht jedenfalls dann, wenn sich die Kita-Beiträge - wie in Nordrhein-Westfalen - wegen der erheblichen Unterschiede in ihrer Höhe nicht pauschalieren lassen und von der Pauschalierung ausgenommen wurden.

Pflegeeltern zahlen 44 Euro im Monat für Kindertagesstätte

Einer Mutter wurde kurz nach der Geburt ihres Kindes im Jahr 2013 die Personensorge entzogen, sie wurde auf das Jugendamt übertragen. Die Stadt bewilligte dem Jugendamt Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege bei Pflegeeltern in einer sonderpädagogischen Pflegestelle für Kinder mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen und trug hierfür die Kosten. Das Kind besuchte ab August 2015 eine Kindertagesstätte, wofür die Pflegeeltern monatlich Elternbeiträge in Höhe von 44 Euro zu entrichten hatten.

Jugendamt verklagt Stadt auf Übernahme der Kosten

Die Stadt lehnte die Übernahme dieser Aufwendungen mit der Begründung ab, bei den Kosten für die Kindertagesstätte handele es sich um einen üblichen Aufwand, der bereits von den dem Jugendamt bewilligten und an die Pflegeeltern ausgezahlten Pauschalbeträgen für den Unterhalt des Kindes abgedeckt sei. Die dagegen vom Jugendamt erhobene Klage hatte sowohl vor dem VG als auch vor dem OVG Erfolg. Das BVerwG hat die Entscheidung der Vorinstanzen im Ergebnis bestätigt: Der Anspruch auf Sicherung des Unterhalts eines in Vollzeitpflege zu betreuenden Kindes umfasst laut BVerwG über den für den Sachaufwand festgesetzten Pauschalbetrag hinaus die Kosten der Kindertagesbetreuung, wenn diese bei der Festsetzung des Pauschalbetrags nicht berücksichtigt wurden.

Grundsätzlich Pauschalbeträge für Sachkosten

Der Gemäß § 39 SGB VIII sicherzustellende Unterhalt beinhalte die Kosten für Pflege und Erziehung sowie die Kosten des Sachaufwandes, die bei einer Unterbringung in Pflegestellen, soweit es sich um laufende Aufwendungen handele, in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden sollen. Die von den Behörden festzusetzenden Pauschalbeträge müssten jedoch, auch wenn es sich um typische Bedarfsbestandteile (wie hier die Kita-Beiträge) handele, nicht solche Kostenpositionen abdecken, die sich einer sinnvollen Pauschalierung entziehen. Die pauschalierte Gewährung schließe die gesonderte Geltendmachung einzelner Kostenpositionen grundsätzlich aus.

Aber: Kita-Beiträge weder berücksichtigt noch pauschalierbar

Das gelte nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes jedoch nur, wenn es sich um Positionen handelt, die einer realitätsgerechten Pauschalierung zugänglich sind und jedenfalls bei der Bemessung der Pauschalsätze berücksichtigt worden sind. Beides sei hier nach den tatsächlichen Feststellungen des OVG, an die das BVerwG gebunden sei, nicht der Fall. Das OVG habe sowohl festgestellt, dass sich die Kosten für die Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen wegen der erheblichen Unterschiede in ihrer Höhe nicht sinnvollerweise realitätsgerecht pauschalieren lassen, als auch, dass das zuständige Landesministerium die Pauschalbeträge für Sachkosten tatsächlich auch ohne Berücksichtigung der Elternbeiträge ermittelt und festgesetzt hat.

BVerwG, Urteil vom 27.10.2022 - 5 C 4.21

Redaktion beck-aktuell, Miriam Montag, 28. Oktober 2022.

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