BVerwG: Umweltschutzvereinigungen können gegen immissionsschutzrechtliche Verlängerungsentscheidungen klagen

Umweltschutzvereinigungen können immissionsschutzrechtliche Entscheidungen, mit denen die Frist zur Errichtung oder Inbetriebnahme einer Anlage verlängert wird, vor Gericht anfechten. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 19.12.2019 entschieden. Dabei ging es um eine Klage gegen eine Fristverlängerung für die Inbetriebnahme einer Hähnchenmastanlage (Az.: 7 C 28.18).

OVG: Keine Klagebefugnis

Die klagende Umweltschutzvereinigung wandte sich gegen die Erweiterung einer Hähnchenmastanlage der Beigeladenen von 39.900 auf 173.200 Tierplätze. Das Oberverwaltungsgericht erklärte diese Genehmigung wegen fehlender FFH-Verträglichkeitsprüfung für rechtswidrig und nicht vollziehbar. Die Beigeladene bemüht sich gegenwärtig um die Nachholung dieser Prüfung. In dem Genehmigungsbescheid war eine Frist zur Inbetriebnahme der Anlage bis Anfang 2016 gesetzt worden. Diese Frist ist zweimal verlängert worden, zuletzt bis zum 31.01.2020. Gegen diese zweite Fristverlängerung wendet sich der Kläger im hiesigen Verfahren. Das OVG wies die Klage mangels Klagebefugnis als unzulässig ab.

BVerwG: Norm im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz weit auszulegen

Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Die Klagebefugnis ergebe sich aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, so das BVerwG. Diese Norm sei weit auszulegen, sodass sie soweit wie möglich in Einklang mit den Zielen der Aarhus-Konvention steht, die unter anderem die Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterzeichnet haben. Nach deren Art. 9 Abs. 3 sei Umweltschutzvereinigungen Zugang zu Gerichten einzuräumen, um die Verletzung umweltschutzbezogener Vorschriften geltend machen zu können. Da die Voraussetzungen für die hier umstrittene Verlängerungsentscheidung nicht bloß formeller Natur seien, sondern hierbei überschlägig auch umweltschutzrechtliche Bestimmungen zu beachten seien, werde diese von der genannten Klagemöglichkeit erfasst. Da das OVG die Begründetheit der Klage noch nicht geprüft hatte, hat das BVerwG die Sache dorthin zurückverwiesen.

BVerwG, Urteil vom 19.12.2019 - 7 C 28.18

Redaktion beck-aktuell, 20. Dezember 2019.