Es geht ums Prinzip: Wegen 3,50 Euro durch vier Instanzen

Wenn es um grundsätzliche Fragen geht, beschäftigt ein Streit um 3,50 Euro auch mal ein Bundesgericht: Wurde kein Bußgeldverfahren eingeleitet, kann die Unfallakte laut BVerwG je nach Landesrecht auch mal mehr als die übliche Pauschale von 12 Euro kosten.

Ein Kradfahrer – weder alkoholisiert noch anderweitig berauscht – erlitt einen Alleinunfall auf einer Landesstraße und verletzte sich schwer. Die Polizei nahm den Unfall auf und legte einen Vorgang an. Nach Erhebung aller relevanten Daten leitete sie aber kein Bußgeldverfahren ein. Eine Anwältin forderte für die Versicherung des Zweiradfahrers die Bußgeldakte an, da diese prüfen wollte, ob sie für den Schaden eintreten muss. Dafür erhob die Polizei 12 Euro Aktenversendungspauschale und 3,50 Euro Auslagen (Kopierkosten für sieben Seiten) nach thüringischem Kostenrecht. Die Anwältin stritt sich bislang durch drei Instanzen, weil sie die Auslagen nicht bezahlen wollte – zunächst erfolgreich. Das BVerwG (Urteil vom 24.01.2024 – 6 C 4.22) hob das OVG-Urteil jedoch auf und verwies die Sache zurück.

Landes- oder Bundesrecht anwendbar?

Der Ansicht des OVG Weimar, der Vorgang sei – unabhängig von der tatsächlichen Einleitung eines Bußgeldverfahrens – auf Basis des OWiG angelegt worden und daher sei ausschließlich § 107 Abs. 5 OWiG mit seiner Akteneinsichtspauschale von 12 Euro anwendbar, erteilte das BVerwG eine Absage: Die Norm sei systematisch im Zweiten Teil des Gesetzes mit dem Titel "Bußgeldverfahren" angesiedelt. Die Erhebung von Kosten nach § 107 Abs. 5 OWiG setze daher zwingend die Einleitung eines Verfahrens voraus. Entscheidend sei dahingegen nicht, ob die Akte auch Grundlage für die Prüfung der Einleitung eines Verfahrens sein könne.

Das OVG Weimar müsse nun prüfen, ob der Kostenbescheid mit der landesrechtlichen Regelung vereinbar sei. 

BVerwG, Urteil vom 27.03.2024 - 6 C 1.22

Redaktion beck-aktuell, rw, 19. März 2024.