BVerwG: Steuerberaterkammer darf Honorar für Gerichtsgutachten nicht mit Gebührenbescheid durchsetzen

Eine Steuerberaterkammer, die von einem Gericht mit einem Honorargutachten beauftragt wird, kann, wenn zuvor durch Beschluss des Gerichts eine Vergütung für das Gutachten festgesetzt wurde, nicht mehr eine höhere Vergütung im Weg eines eigenen Gebührenbescheids durchsetzen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht am 15.11.2017 klar gestellt (Urteil vom 15.11.2017, Az.: 10 C 4.16).

Kammergericht setzt 80 Euro Stundensatz für Gutachten an – Steuerberaterkammer will mehr

Ein Zivilsenat des Kammergerichts beauftragte die Steuerberaterkammer Berlin in einem bei ihm anhängigen Rechtsstreit mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens über die Angemessenheit eines Steuerberaterhonorars. Das Stundenhonorar der Steuerberaterkammer setzte der Senat mit gesondertem Beschluss auf 80 Euro fest. Weitergehende Vergütungswünsche der Steuerberaterkammer wies er zurück. Nach Erstellung des Gutachtens erließ die Steuerberaterkammer gegenüber dem Kammergericht einen Gebührenbescheid für das Gutachten. Der Gebührenberechnung legte sie einen Stundensatz von 100 Euro zugrunde. Den Widerspruch gegen ihren Bescheid wies sie zurück.

Steuerberaterkammer unterliegt in allen Instanzen

Auf die Klage des Kammergerichts hat das Verwaltungsgericht Berlin den Gebührenbescheid und den Widerspruchsbescheid aufgehoben, das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat diese Entscheidung bestätigt (in BeckRS 2014, 58831) und auch in der Revision blieb die Steuerberaterkammer erfolglos.

KG durfte nach JVEG Gebührenbescheid erlassen

Dem Erlass eines Gebührenbescheids durch die Steuerberaterkammer für das von ihr erstellte Gutachten stehe bereits der Beschluss des KG über die Höhe der Vergütung für das Gutachten entgegen, entschied das BVerwG. Zum Erlass dieses Beschlusses sei das KG auch nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz ermächtigt gewesen. In dem Beschluss habe das KG mit bindender Wirkung festgelegt, dass die Vergütung ausschließlich nach den Regeln des JVEG erfolge und der Stundensatz 80 Euro betrage.

Formaler Akt der Heranziehung ausreichend

Für die Anwendbarkeit des JVEG genüge zudem der formale Akt der Heranziehung einer Person oder einer Behörde durch ein Gericht zu einer als Sachverständigenleistung bezeichneten Tätigkeit (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 JVEG), so das BVerwG weiter. Dabei trage das JVEG den Belastungen Rechnung, die dem Einzelnen dadurch entstünden, dass er für Zwecke der Rechtspflege beansprucht werde. Es sei zudem zu beachten, dass die durch das JVEG eingeräumten Ansprüche in einem einfachen, leicht zu vollziehenden Verfahren ermittelt werden. Mit diesem Zweck wäre es nicht vereinbar, wenn das JVEG das Entstehen seiner Ansprüche an materielle Kriterien, wie etwa das tatsächliche Vorliegen der Sachverständigeneigenschaft, knüpfen würde. Andernfalls würden die Herangezogenen mit dem Vergütungsrisiko belastet.

Zutreffende Einstufung als Sachverständigengutachten

Das Oberverwaltungsgericht hat laut BVerwG das von der beklagten Steuerberaterkammer erstattete Honorargutachten außerdem zutreffend als Sachverständigengutachten im Sinn des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG eingeordnet. Sachverständige seien Hilfspersonen, die dem Gericht die Sachkunde vermitteln, die es selbst nicht habe. Ihre Rolle beschränke sich nicht auf rein tatsächliche Fragen. Gegenstand ihrer Hilfstätigkeit könnten auch außerrechtliche Normen- und Regelsysteme sein, wie beispielsweise Handelsbräuche und die Verkehrssitte. Auf solche Gesichtspunkte bezog sich laut BVerwG das Gutachten der Steuerberaterkammer jedenfalls auch.

BVerwG, Urteil vom 15.11.2017 - 10 C 4.16

Redaktion beck-aktuell, 16. November 2017.