BVerwG setzt Abschiebung eines mutmaßlichen Gefährders in die Türkei aus

Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Eilantrag eines türkischen Staatsangehörigen, der von den Behörden als islamistischer Gefährder eingestuft und dessen Abschiebung in die Türkei angeordnet worden war, wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung stattgegeben. Es bestehe keine besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, so das Gericht in seinem Beschluss vom 25.06.2019 (Az.: 1 VR 1.19).

Ministerium sah Terrorismusgefahr

Gegen den 1990 in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Antragsteller, der sich seit Ende März 2019 in Haft befindet, ordnete das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport am 05.04.2019 – gestützt auf § 58a AufenthG – die Abschiebung in die Türkei an. Die vorliegenden Erkenntnisse führten zu der Prognose, dass vom Antragsteller eine besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und eine terroristische Gefahr ausgehe. Auch wenn den Sicherheitsbehörden aktuell noch kein konkreter Plan zur Ausführung einer terroristischen Gewalttat bekannt geworden sei, gehe von ihm ein beachtliches Risiko aus, dass er wegen seiner radikal-religiösen Einstellung und seiner Sympathie mit dem "Islamischen Staat" einen terroristischen Anschlag begehen oder sich an einem solchen beteiligen werde. Gleichzeitig sei wegen seiner Gewaltbereitschaft zu befürchten, dass er eine derart gravierende Straftat verübe, die die Annahme einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik begründe.

BVerwG: Besondere Gefahr für Sicherheit der Bundesrepublik derzeit nicht belegt

Das BVerwG hat dem dagegen gerichteten Eilantrag stattgegeben. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung, die bei der gebotenen Abwägung der widerstreitenden Belange die Aussetzung der Abschiebung gebieten würden. Die vom Ministerium zur Begründung der Abschiebungsanordnung angeführten Erkenntnisse belegten nicht hinreichend, dass vom Antragsteller gerade auch eine besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eine terroristische Gefahr im Sinne des § 58a AufenthG ausgehe.

Anderen vom Antragsteller ausgehenden Gefahren polizeirechtlich zu begegnen 

Anderweitigen Gefahren, die vom Antragsteller ausgingen, sei im Rahmen des allgemeinen Ausweisungsrechts (§§ 53 ff. AufenthG) sowie des Polizei- und Ordnungsrechts zu begegnen. Sollten sich durch weitere Sachaufklärung des Gerichts im Hauptsacheverfahren oder infolge der Vorlage neuer Erkenntnisse durch den Antragsgegner für die Gefahrenprognose erhebliche Tatsachen – insbesondere in Bezug auf den Grad seiner Radikalisierung – ergeben, könne dem im Rahmen eines Abänderungsverfahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO Rechnung getragen werden.

BVerwG, Beschluss vom 25.06.2019 - 1 VR 1.19

Redaktion beck-aktuell, 26. Juni 2019.

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