Rehabilitierungsinteresse bei Versetzung eines Soldaten
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Grundsätzlich besteht kein Interesse an der Feststellung, dass eine gestoppte Versetzung im Nachgang zu einem Disziplinarverfahren rechtswidrig war. Anders sieht es das Bundesverwaltungsgericht bei einer politischen Intervention, die auf einer wesentlich schärferen Bewertung der geahndeten Äußerungen des Soldaten beruhte. Eine solche Neuinterpretation seines Fehlverhaltens müsse der Betroffene nicht hinnehmen.

Untergebene beleidigt

Ein Kompanieführer der Bundeswehr hatte im Sommer 2015 Soldaten seiner Einheit mit den Worten "Ah, der Kompanietruppführer und seine Kloppitruppe wieder, die machen eh den ganzen Tag nichts" sowie "Bin ich hier in einer Mongowerkstatt? Ihr seid Affen mit Trisomie 21" beleidigt. Er hatte vielleicht nicht damit gerechnet, dass sein Verhalten mit einer Befragung der Verteidigungsministerin enden würde. 2019 war er vom Truppendienstgericht Süd zu einer Beförderungssperre von zwei Jahren und einer Kürzung des Solds verurteilt worden. Anfang 2020 wurde er im Rahmen der Personalentwicklung auf einen neuen Dienstposten versetzt. Trotz seiner Verfehlung wurde er auch als persönlich geeignet beurteilt.

Inzwischen war allerdings seine Verurteilung im Bericht des Wehrbeauftragten für das Jahr 2019 erwähnt worden. Abgeordnete werteten seine Äußerungen als Ausdruck einer diskriminierenden Einstellung gegenüber behinderten Menschen und befragten Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer im Bundestag. Später intervenierten drei von ihnen nochmals schriftlich. Die Leitungsebene des Personalamts stoppte daraufhin die Versetzung. Auf seinen Fortsetzungsfeststellungsantrag hin - der Soldat war doch noch auf einen neuen Posten versetzt worden - stellte das BVerwG die Rechtswidrigkeit fest. 

Rehabilitierungsinteresse aufgrund neuer Vorwürfe

Die Leipziger Richter sahen ein Interesse des Soldaten an seiner Rehabilitierung. Normalerweise rechtfertige ein erledigter Streit um eine Versetzung dies nicht. Hier lägen allerdings besondere Umstände vor: Aus Sicht des BVerwG besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem von den Abgeordneten erhobenen Vorwurf der Behindertenfeindlichkeit und der geplatzten Versetzung. Einen derartigen Hintergrund der Beleidigungen habe das Truppendienstgericht aber gerade nicht festgestellt. Auch den internen Personalberichten lasse sich dies nicht entnehmen. Der Betroffene werde "damit in der politischen Debatte mit einem Vorwurf belegt, der dem disziplinar geahndeten Fehlverhalten nicht entspricht".

BVerwG, Beschluss vom 31.03.2021 - 1 WB 12.21

Redaktion beck-aktuell; Michael Dollmann, Mitglied der NJW- und beck-aktuell-Redaktion, 23. September 2021.