Grundlegende Vorgaben für dienstliche Beurteilungen in Rechtsnormen zu regeln

Die grundlegenden Vorgaben für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen müssen wegen ihrer entscheidenden Bedeutung für Auswahlentscheidungen nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 2 GG in Rechtsnormen geregelt sein. Bloße Verwaltungsvorschriften reichten hierfür nicht aus, so das Bundesverwaltungsgericht. Dienstliche Beurteilungen müssten mit einem Gesamturteil abschließen, in das sämtliche vom Dienstherrn bewertete Einzelmerkmale der drei Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG einfließen.

Dienstlicher Beurteilung fehlte Gesamturteil

Im März 2015 schrieb die beklagte Stadt zwei Leitungsstellen aus, auf die sich auch die Klägerin, die im Dienst dieser Stadt in Rheinland-Pfalz steht, beworben hat. Für sämtliche Bewerber erstellte die Stadt Anlassbeurteilungen. In der Leistungsbewertung erzielte die Klägerin innerhalb des von der Beklagten gewählten fünfstufigen Bewertungssystems die zweithöchste Bewertung "B" ("übertrifft die Anforderungen"). Bei der Beurteilung der Befähigung wurde der Klägerin 15 Mal die zweithöchste der fünfstufigen Skala – "II – stark ausgeprägt" – und zweimal die dritthöchste Bewertung – "III – normal ausgeprägt" – zuerkannt. Die dienstliche Beurteilung wies weder ein Gesamturteil für die Befähigung noch ein zusammenfassendes Urteil der Leistungsbeurteilung und der Befähigung auf.

Anlassbeurteilung mit Erfolg angegriffen

Bei beiden Auswahlentscheidungen wurde die Klägerin nicht berücksichtigt; die von ihr geführten Konkurrentenstreitverfahren blieben erfolglos. Die Klägerin wandte sich anschließend gegen die Anlassbeurteilung. Damit hatte sie vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Erfolg (BeckRS 2020, 21524). Auf die Revision der Klägerin hat das BVerwG das Berufungsurteil aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des BVerwG erneut dienstlich zu beurteilen.

BVerwG moniert Regelung durch Verwaltungsvorschriften

In Rheinland-Pfalz seien die Vorgaben für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen von Beamten derzeit nicht in Rechtsnormen geregelt; das Landesbeamtengesetz und die darauf gestützte Laufbahnverordnung überließen die Bestimmung der Vorgaben allein Verwaltungsvorschriften, stellte das BVerwG fest. Dies habe dazu geführt, dass in Rheinland-Pfalz auf der Ebene bloßer Verwaltungsvorschriften eine Vielzahl unterschiedlichster Vorgaben für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen von Beamten besteht, was rechtlich unzureichend sei.

Grundlegende Vorgaben in Rechtsnormen zu regeln

Angesichts der Bedeutung von dienstlichen Beurteilungen für die allein nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG zu treffenden Auswahlentscheidungen müssen laut BVerwG die grundlegenden Vorgaben für die Erstellung von dienstlichen Beurteilungen in Rechtsnormen geregelt werden. Der Gesetzgeber habe das System – Regelbeurteilungen oder Anlassbeurteilungen – sowie die Bildung eines Gesamturteils vorzugeben.

Details können in Rechtsverordnungen geregelt werden

Weitere Einzelheiten, wie etwa der Rhythmus von Regelbeurteilungen, der Inhalt der zu beurteilenden Einzelmerkmale von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung, der Beurteilungsmaßstab oder Vorgaben für die Vergabe der höchsten und der zweithöchsten Note (Richtwerte), dürfen laut BVerwG Rechtsverordnungen überlassen bleiben. Dass die Rechtslage in Rheinland-Pfalz diesen Vorgaben nicht entspricht, sei für einen Übergangszeitraum hinzunehmen, um einen der verfassungsgemäßen Ordnung noch "ferneren" Zustand zu vermeiden.

Dienstliche Beurteilung muss mit Gesamtergebnis abschließen

Das BVerwG hebt hervor, dass dienstliche Beurteilungen die wesentliche Grundlage für Auswahlentscheidungen nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG darstellen. Um diese Funktion erfüllen zu können, müssten sie mit einem Gesamtergebnis abschließen. Denn die Auswahlentscheidung knüpfe an das abschließende Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung an, das anhand einer Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte gebildet worden ist. Art. 33 Abs. 2 GG gebe somit drei Kriterien vor, so die BVerwG-Richter. Der Gesetzgeber und erst recht die Exekutive seien daher nicht befugt, eines dieser drei Merkmale bei der Bildung des abschließenden Gesamturteils unberücksichtigt zu lassen. Dementsprechend müsse das Gesamturteil sämtliche vom Dienstherrn bewertete Einzelmerkmale der drei Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfassen. Diesen Anforderungen habe die angegriffene Anlassbeurteilung nicht entsprochen.

BVerwG, Urteil vom 07.07.2021 - 2 C 2.21

Redaktion beck-aktuell, 7. Juli 2021.