Rechtsanwaltsgebühren für das Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH

Rechtsanwaltsgebühren im Vorabentscheidungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof sind gesondert zu erstatten. Sie müssen laut Bundesverwaltungsgericht nicht bereits ausdrücklich in der Kostengrundentscheidung des nationalen Gerichts erwähnt sein. Dies sei weder gesetzlich vorgesehen noch aus anderen Gründen erforderlich.

Kläger prozessierten gegen Planfeststellungsbeschluss

Mehrere Grundstücksinhaber wehrten sich gegen eine straßenrechtliche Planfeststellung, die zu einer Ortsumgehung erlassen wurde. Das BVerwG hatte zunächst ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet (BeckRS 2018, 29480), das dieser beantwortete (NVwZ 2020, 1177). Daraufhin führten die Leipziger Richter das Verfahren unter neuem Aktenzeichen fort, erklärten den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für rechtswidrig und nicht vollziehbar und erlegten ihm die Kosten des Verfahrens auf (NVwZ 2021, 487). Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle erließ einen Kostenfestsetzungsbeschluss, wonach die Verwaltung keine Kosten für das Verfahren vor dem europäischen Gericht zahlen sollte: Die Verfahren vor dem BVerwG und dem EuGH seien gebührenrechtlich eine Angelegenheit. Die Vorlage nach Luxemburg sei als Zwischenstreit  nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RVG nicht gesondert zu vergüten. Damit waren die Kläger nicht einverstanden und forderten weitere 7.450 Euro Anwaltshonorar. Die Erinnerung beim BVerwG hatte Erfolg.

Gesonderte Vergütung

Den obersten Verwaltungsrichtern zufolge sind den Klägern die im Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH angefallenen weitere Rechtsanwaltsgebühren von 7.450 Euro gesondert zu erstatten, §§ 2 Abs. 2 Satz 1, 38 RVG. Es erfordere regelmäßig ein umfangreiches Tätigwerden des Anwalts, welches allein durch die Gebühren des Ausgangsverfahrens nicht mehr angemessen abgegolten werde. Die Erstattungsfähigkeit der Gebühren setze dabei nicht voraus, dass die Kosten des Vorabentscheidungsverfahrens im Tenor oder in den Entscheidungsgründen des mitgliedstaatlichen Urteils ausdrücklich erwähnt worden seien. Eine Tenorierung im Rahmen der Kostengrundentscheidung nach §§ 154 ff. VwGO sei weder gesetzlich vorgesehen noch aus anderen Gründen erforderlich. Die Kosten des Vorabentscheidungsverfahrens seien somit Bestandteil der Kosten(grund-)entscheidung des Ausgangsverfahrens und von dieser mitumfasst, so das BVerwG. Der festgesetzte Streitwert von 195.000 Euro sei auch für das Vorabentscheidungsverfahren maßgeblich, da keine spezielle Gegenstandswertfestsetzung beantragt worden sei.

 

BVerwG, Beschluss vom 27.04.2022 - 9 KSt 10.21

Redaktion beck-aktuell, 4. Juli 2022.