BVer­wG-Prä­si­dent regt Än­de­rung des Asyl­pro­zess­rechts an

Der Prä­si­dent des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts Klaus Ren­nert regt vor dem Hin­ter­grund der "dra­ma­ti­schen" Zu­nah­me asyl­recht­li­cher Strei­tig­kei­ten eine Än­de­rung des Asyl­pro­zess­rechts an. Auch gelte es, die Ver­wal­tungs­ge­rich­te per­so­nell und sach­lich bes­ser aus­zu­stat­ten.

Bis­he­ri­ge per­so­nel­le Auf­sto­ckun­gen nicht aus­rei­chend

Ren­nert führ­te am 26.01.2018 an­läss­lich der 24. Jah­res­ar­beits­ta­gung Ver­wal­tungs­recht des deut­schen An­walts­in­sti­tuts in Leip­zig aus, die Ein­gangs­zah­len in Asyl­sa­chen bei den 51 Ver­wal­tungs­ge­rich­ten seien von gut 45.000 im Jahr 2014 auf 400.000 im Jahr 2017 ge­stie­gen. Sie mach­ten mitt­ler­wei­le etwa drei Vier­tel der Ge­samt­be­las­tung der Ver­wal­tungs­ge­rich­te aus. Die über­bor­den­den Ein­gangs­zah­len im Asyl­be­reich ver­stopf­ten die Ge­rich­te und ver­län­ger­ten die Lauf­zei­ten der Ver­fah­ren nicht nur im Asyl­be­reich. Zwar hät­ten die Län­der die Zahl der Rich­ter­stel­len in den ver­gan­ge­nen zwei Jah­ren er­höht. Al­ler­dings stehe der Zu­nah­me an Ver­fah­rens­ein­gän­gen in die­sem Zeit­raum um 120% eine Zu­nah­me an Voll­zeit­stel­len für Rich­ter um le­dig­lich 15% ge­gen­über. Die Ver­fah­rens­zahl je Rich­ter habe sich dem­zu­fol­ge von 143 im Jahr 2011 bis heute mehr als ver­dop­pelt. Zudem werde es immer schwie­ri­ger, ge­eig­ne­ten Rich­ter­nach­wuchs zu ge­win­nen.

Zu­rück­ver­wei­sungs­ver­bot für die Be­ru­fungs­ge­rich­te kon­tra­pro­duk­tiv

Neben der Ver­bes­se­rung der per­so­nel­len und sach­li­chen Aus­stat­tung der Ver­wal­tungs­ge­rich­te seien Än­de­run­gen des Asyl­pro­zess­rechts "drin­gend ge­bo­ten", meint Ren­nert. Über die vom Ge­setz­ge­ber be­reits vor­ge­se­he­ne Sprung­re­vi­si­on in Asyl­sa­chen hin­aus könn­te eine wei­te­re Er­leich­te­rung des Rechts­mit­tel­zu­gangs zur Ein­heit­lich­keit der Recht­spre­chung bei­tra­gen. Fer­ner soll­te das Zu­rück­ver­wei­sungs­ver­bot für die Be­ru­fungs­ge­rich­te be­sei­tigt wer­den. Die 1992 zur Ver­fah­rens­be­schleu­ni­gung ein­ge­führ­te Son­der­re­ge­lung er­wei­se sich zu­neh­mend als kon­tra­pro­duk­tiv. Das gelte ins­be­son­de­re in Fäl­len, in denen das Ver­wal­tungs­ge­richt ein Asyl­ge­such nicht in­di­vi­du­ell ge­prüft, son­dern eine Grup­pen­ver­fol­gung an­ge­nom­men hat und das Be­ru­fungs­ge­richt das für falsch hält. In die­sen Fäl­len müsse die Ein­zel­fall­prü­fung nach­ge­holt wer­den, wofür das Ver­wal­tungs­ge­richt ein­ge­rich­tet ist, ein Ober­ver­wal­tungs­ge­richt aber re­gel­mä­ßig nicht. Hier er­wei­se sich das Zu­rück­ver­wei­sungs­ver­bot als über­aus hin­der­lich. Schlie­ß­lich soll­te in Er­wä­gung ge­zo­gen wer­den, die Be­fug­nis des BVer­wG im Asyl­pro­zess in einem ge­wis­sen Aus­maß auf tat­säch­li­che Fest­stel­lun­gen zu er­stre­cken und damit so­ge­nann­te Län­der­leit­ent­schei­dun­gen zu er­mög­li­chen.

Redaktion beck-aktuell, 29. Januar 2018.

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