OVG-Richterin: Ehemann darf nicht über Revision entscheiden

Die Ehefrau hatte nur kurz den Fall erwähnt: Das reichte dem BVerwG, um einem seiner Richter die Entscheidung über eine Revision zu verwehren. Seine Partnerin hatte dem OVG-Senat angehört, dessen Urteil überprüft werden sollte.

Die Ehefrau eines Richters vom BVerwG war als Richterin des OVG Bautzen an einer Entscheidung beteiligt. Berichterstatterin war sie in diesem Verfahren nicht. Ihr Senat hatte über die abwasserabgabenrechtliche Behandlung von Kleineinleitungen der Gemeinden oder Abwasserzweckverbände zu entscheiden. Nach Erinnerung ihres Mannes hatte sie das Verfahren mal erwähnt – näher über den Fall habe man aber nicht gesprochen. Der Hinweis des Richters führte zu seinem Ausscheiden aus dem Verfahren.

Das BVerwG erklärte das Senatsmitglied nach § 54 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 48 und 45 Abs. 1 ZPO für befangen (Beschluss vom 17.06.2024 – 9 C 4.23). Dabei betonte es, dass es nicht zwischen den – zugunsten der Richter zumindest früher großzügigeren – Rechtsprechung des BGH und der insoweit kritischeren Linie des BSG wählen müsse.

Hier sei die Ablehnung wegen zusätzlicher Umstände gerechtfertigt gewesen. Zum einen habe das Paar den Fall intern thematisiert. Dies könne zumindest unbewusst zu einer gewissen Solidarisierung gegenüber der Ehefrau führen oder – genau umgekehrt – zu einer überkritischen Distanz zur Entscheidung der Vorinstanz. Zum anderen erfordere das Revisionsverfahren – im Sinne der Rechtsprechung des BSG – eine intensive Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung. Dies gelte gerade angesichts des Prüfungsmaßstabs der Revision, der gemäß § 137 Abs. 1 VwGO auf die Frage einer (Bundes-)‌Rechtsverletzung durch das vorinstanzliche Urteil gerichtet sei.

BVerwG, Beschluss vom 17.06.2024 - 9 C 3.23

Redaktion beck-aktuell, ns, 2. Juli 2024.