BVerwG: Klagen gegen BND wegen strategischer Überwachung von E-Mail-Verkehr erfolglos

Ein Rechtsanwalt und der Verein "Reporter ohne Grenzen“ sind mit ihren Klagen gegen die strategische Überwachung von E-Mail-Verkehr durch den Bundesnachrichtendienst (BND) gescheitert. Das in erster und letzter Instanz zuständige Bundesverwaltungsgericht erachtete die auf Feststellung einer Verletzung des Fernmeldegeheimnisses gerichteten Klagen für unzulässig. Ob überhaupt eine Überwachung der E-Mail-Verkehre der Kläger durch den BND stattgefunden habe, lasse sich nicht mehr feststellen, weil die entsprechenden Daten spurenlos gelöscht worden seien. Hinsichtlich der von den Klägern ebenfalls angegriffenen Speicherung und Nutzung von Daten im System VERAS hielt das BVerwG die Sache für noch nicht entscheidungsreif. Es bestehe weiterer Aufklärungsbedarf (Urteile vom 14.12.2016, Az.: 6 A 9.14 und 6 A 2.15).

Kläger sehen sich durch E-Mail-Überwachung in Grundrechten verletzt

Nach dem Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Art.-10-Gesetz) ist der BND im Rahmen seiner Aufgaben berechtigt, die Telekommunikation zu überwachen und aufzuzeichnen. Bei der strategischen Fernmeldeüberwachung werden bestimmte internationale Telekommunikationsbeziehungen anhand vorher festgelegter Suchbegriffe durchsucht. Die Kläger haben die Feststellung beantragt, dass der BND durch diese Überwachung von E-Mail-Verkehr in den Jahren 2012 beziehungsweise 2013 ihr Fernmeldegeheimnis aus Art. 10 GG verletzt hat. Das BVerwG hat diese Klagen als unzulässig abgewiesen und damit eine Entscheidung aus dem Jahr 2014 zu einem anderen Überwachungszeitraum im Ergebnis bestätigt.

Etwaiger Eingriff in Fernmeldegeheimnis wegen Löschung der Daten nicht mehr feststellbar

Nach der VwGO müsse sich die Feststellungsklage auf einen konkreten, gerade den jeweiligen Kläger betreffenden Sachverhalt beziehen. Ein solcher sei hier nicht feststellbar gewesen, so das BVerwG. Unter den Verkehren, die der BND in den Jahren 2012 beziehungsweise 2013 als nachrichtendienstlich relevant behandelt hat, befinde sich kein E-Mail-Verkehr der Kläger. Zwar sei nicht auszuschließen, dass zunächst E-Mail-Verkehre der Kläger erfasst worden sind. Der damit gegebenenfalls verbundene Eingriff in Art. 10 GG lasse sich aber nicht mehr feststellen. Selbst wenn solche E-Mails erfasst worden wären, wären sie wie alle anderen nachrichtendienstlich irrelevanten Mails im Einklang mit den Bestimmungen des Artikel-10-Gesetzes und den allgemeinen verfassungsrechtlichen Maßgaben für den Datenschutz unverzüglich und spurenlos gelöscht worden.

Mit Löschung der Daten verbundene Rechtsschutzerschwerung ist hinzunehmen

Der BND sei verpflichtet gewesen, solche E-Mails zu löschen, weil nach dem gesetzlichen Konzept eine Benachrichtigung der Betroffenen über die Erfassung dieser E-Mail-Verkehre nicht vorgesehen sei. Dies stehe im Einklang mit Art. 10 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG, weil dadurch eine Vertiefung von Grundrechtseingriffen durch Speicherung der Daten einer unübersehbaren Zahl von Grundrechtsträgern vermieden werde. Die damit verbundene Erschwerung des gerichtlichen Rechtsschutzes sei auch deshalb hinnehmbar, weil die Kontrolltätigkeit der G10-Kommission dazu diene, kompensatorischen Grundrechtsschutz zu gewährleisten.

Klagen in Bezug auf VERAS-Datenspeicherung noch nicht entscheidungsreif

Die Klagen mit dem Ziel, eine Speicherung und Nutzung von Metadaten in dem System VERAS zu unterlassen, sind laut BVerwG noch nicht entscheidungsreif. Die in VERAS gespeicherten Metadaten nutze der BND zur Erstellung von Verbindungsanalysen. Nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisstand würden in VERAS auch anonymisierte Telefonie-Metadaten von Trägern des Grundrechts aus Art. 10 GG aus der strategischen Fernmeldeüberwachung nach dem Artikel-10-Gesetz eingestellt. Dieses Vorgehen des BND bedürfe weiterer gerichtlicher Aufklärung.

BVerwG, Urteil vom 14.12.2016 - 6 A 9.14

Redaktion beck-aktuell, 15. Dezember 2016.

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