BVerwG: Klagen gegen Ausbau der Dresdner Bahn in Berlin-Lichtenrade erfolglos

Der Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 13.11.2015 für den Abschnitt 2 des Vorhabens "Ausbau Knoten Berlin, Berlin Südkreuz – Blankenfelde" hat Bestand. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht am 29.06.2017 in erster und letzter Instanz entschieden und damit die Klagen von Anwohnern und einem Umweltverband abgewiesen. Die Anwohner würden ausreichend vor Schienenverkehrslärm geschützt. Unter anderem vor diesem Hintergrund habe das Eisenbahn-Bundesamt die mit höheren Kosten verbundene Verlegung der Strecke in einen Tunnel verwerfen dürfen (Az.: 3 A 1.16).

Dresdner Bahn soll zweigleisige Fernbahnstrecke werden

Gegenstand des Vorhabens ist der Ausbau der Dresdner Bahn, also des Abschnitts der Strecke Berlin-Dresden zwischen der Abzweigung der Anhalter Bahn südlich des Bahnhofs Berlin-Südkreuz und dem S- und Regionalbahnhof Blankenfelde am Berliner Außenring. Die Dresdner Bahn soll eine zweigleisige Fernbahnstrecke und Teil des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitseisenbahnsystems werden. Auch der Flughafen-Express zwischen dem Berliner Hauptbahnhof und dem Flughafen Berlin Brandenburg soll auf dieser Strecke verkehren.

Streit um zwei zusätzliche Gleise

Das Gesamtvorhaben ist in drei Abschnitte gegliedert. Der planfestgestellte mittlere, etwa 2,5 Kilometer lange Abschnitt 2 führt durch den dichtbesiedelten Ortsteil Lichtenrade des Berliner Bezirks Tempelhof-Schöneberg. Gegenwärtig ist die Strecke dort bis zum S-Bahnhof Lichtenrade zweigleisig, südlich davon eingleisig. Es verkehren ausschließlich S-Bahnen. Der Planfeststellungsbeschluss erlaubt den Bau zweier zusätzlicher elektrifizierter Gleise für den Fern-, Regional- und Güterverkehr. Die bestehenden beschrankten Bahnübergänge sollen an der Bahnhofstraße durch eine Bahnüberführung mit S-Bahn-Halt und eine Straßenunterführung, an der Goltzstraße durch eine bloße Geh- und Radwegunterführung ersetzt werden.

Lärm soll mit Schutzwänden begegnet werden

Im gesamten Abschnitt sind auf der West- und auf der Ostseite der Trasse sowie mittig zwischen Fern- und S-Bahn-Gleisen Lärmschutzwände mit Höhen von zwei bis fünf Metern über Schienenoberkante vorgesehen. Überlegungen, die Fernbahn- und möglicherweise auch die S-Bahn-Gleise im Bereich von Lichtenrade insgesamt oder in einem Teilabschnitt in Troglage oder einen Tunnel zu legen, sind in dem 18 Jahre dauernden Planungsprozess wiederholt geprüft, letztlich aber verworfen worden.

Umweltverband und Anwohner klagten gegen Ausbau

Ein anerkannter Umweltverband und drei Eigentümer von trassennahen Wohnhäusern haben die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses beantragt, hilfsweise die ergänzende Festsetzung von Schutzmaßnahmen insbesondere gegen Lärm und Erschütterungen.

BVerwG: Zugrunde gelegte Berechnungen und Prognosen nicht zu beanstanden

Das BVerwG hat die Klagen abgewiesen. Es sei nicht geboten gewesen, die Unterlagen zu den nach der Öffentlichkeitsbeteiligung vorgenommenen Änderungen des Plans erneut öffentlich auszulegen. Die Planänderungen ließen gegenüber der ausgelegten Planung keine zusätzlichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen erwarten. Die der Planfeststellung zugrunde gelegten Prognosen über den voraussichtlichen Zugverkehr seien ebenso wenig zu beanstanden wie die Berechnungen der danach zu erwartenden Geräusche und Erschütterungen. Die Berechnungsvorschrift Schall03 in der Fassung von 1990, die hier nach einer Übergangsvorschrift noch anzuwenden war, sei entgegen der Auffassung der Kläger mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere hätten sowohl das Verfahren "besonders überwachtes Gleis" als auch der sogenannte Schienenbonus berücksichtigt werden dürfen.

Kostspieligere Tunnel-Variante musste nicht vorgezogen werden

Der verfassungsrechtlich gebotene Schutz der Anwohner vor Schienenverkehrslärm sei gewahrt. Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Erschütterungen sei die Anhebung der für Neubauvorhaben einschlägigen Anhaltswerte im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Anhebung rechtfertige sich dem Grunde und der Höhe nach aus der weiter zu berücksichtigenden Vorbelastung des Ortsteils durch den Mischverkehr der seit 1875 bestehenden, auch kriegs- oder teilungsbedingt nicht entwidmeten Eisenbahnhauptstrecke. Die Verlegung der Strecke in einen Tunnel habe das Eisenbahn-Bundesamt abwägungsfehlerfrei verworfen; sie dränge sich nicht als vorzugswürdige Lösung auf. Da die Probleme der oberirdischen Streckenführung den gesetzlichen Vorgaben entsprechend gelöst würden, insbesondere der Anwohnerschutz gewährleistet sei, dürften die deutlich höheren Kosten einer Trog- oder Tunnellösung trotz ihrer geringeren Auswirkungen auf die Umwelt und das Orts- und Landschaftsbild den Ausschlag zugunsten der planfestgestellten oberirdischen Variante geben.

BVerwG, Urteil vom 29.06.2017 - 3 A 1.16

Redaktion beck-aktuell, 29. Juni 2017.

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