Kundenliste mit gelieferten Hüftprothesen
2010 empfahl das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nach einer Risikobewertung, das Hüftimplantat-System eines Schweizer Herstellers nicht mehr zu verwenden. Im November 2012 überließ das Regierungspräsidium Freiburg dem Institut unaufgefordert eine Liste, auf der alle Krankenhäuser standen, die vom Inverkehrbringen in 2003 bis 2012 diese Hüftimplantate erworben hatten. Die Klägerinnen, gesetzliche Krankenkassen, forderten Einsicht in diese Liste. Sie wollten betroffene Patienten beraten und gegebenenfalls Regressansprüche verfolgen. Das Verwaltungsgericht Köln wies den Antrag ab, das Oberverwaltungsgericht Münster verpflichtete das Institut, unter Berücksichtigung seiner Auffassung den Antrag erneut zu bescheiden. Beide Parteien erhoben die Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht - dieses wies den Auskunftsantrag der Krankenkassen endgültig und vollständig ab.
Anspruchsgrundlage außer Kraft gesetzt
Am 26.5.2021 wurde eine Änderung der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte wirksam, die dem BVerwG zufolge § 22 Abs. 3 der Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV) außer Kraft setzte und damit auch die von den Krankenkassen benannte Anspruchsgrundlage entfallen ließ. Da keine Übergangsregeln verabschiedet worden seien, sei die Gesetzeslage zum Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung maßgeblich.
§ 22 Abs. 3 MPSV hätte nicht geholfen
Die Leipziger Richter sahen auch kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerinnen auf die Fortgeltung dieser Norm, das das Interesse der Gesetzgeber an deren Fortfall überwiegen würden. § 22 Abs. 3 MPSV hätte ihnen sowieso nicht zu der begehrten Kundenliste verholfen: Die Vorschrift habe nur Akteneinsicht hinsichtlich der Informationen erlaubt, die das Institut für die Erstellung der Risikobewertung genutzt habe. Die Abnehmerliste sei aber für die Risikobewertung der Hüftprothese irrelevant gewesen - das Auskunftsrecht habe sich nicht auf diese Daten erstreckt. Das BVerwG stützt diese Auslegung auch auf den Zweck des Gesetzes: Träten Produktprobleme auf, benötigten betroffene Patienten und die Krankenkassen Informationen, die der Risikobewertung zugrunde lägen, um Schadensersatz- und Regressansprüche geltend zu machen. Eine Liste der Abnehmer hingegen bräuchten sie dafür nicht. Sie falle in das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, für die es keinerlei Offenbarungsbefugnis gebe.