Keine isolierte Anfechtung des Prüferaustauschs im Examen

Besucht der Vater eines Prüflings einen Zweitkorrektor und erzählt ihm von dem Drama seines Sohnes, der nur einen halben Punkt mehr benötigt, um zur mündlichen Prüfung zugelassen zu werden, kann dieser Korrektor im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens ausgetauscht werden, wenn Befangenheit zu befürchten ist. Diese Entscheidung des Prüfungsamts ist dem Bundesverwaltungsgericht zufolge nicht isoliert anfechtbar. Sie lässt sich nur im Rahmen des Verfahrens um das Endergebnis gerichtlich überprüfen.

Ein Punkt mehr nach Besuch des Vaters

Ein Student der Rechtswissenschaften erreichte bei der Wiederholungsprüfung des Ersten Juristischen Staatsexamens nur 3,75 Punkte und war damit endgültig durchgefallen. Er beanstandete die Korrekturen von fünf der sechs Klausuren mit dem Ziel, irgendwo einen halben Punkt mehr zu ergattern und für die mündliche Prüfung zugelassen zu werden. Das Landesjustizprüfungsamt leitete ein Nachprüfungsverfahren – kein Widerspruchsverfahren – ein und ließ die streitgegenständlichen Arbeiten erneut korrigieren. Einer der Zweitkorrektoren erhielt Besuch vom Vater des Prüflings. Der Rechtsanwalt erzählte ihm "unter Tränen", dass sein Sohn gerade Beziehungsprobleme habe. Der Zweitkorrektor bewertete die Klausur Nr. 4 mit einem Punkt mehr als zuvor und begründete dies. Er berichtete dem Prüfungsamt von dem Besuch und dieses erließ einen Verwaltungsakt, wonach die vierte Klausur noch einmal von einem anderen Prüfer zu korrigieren sei. Der Bescheid enthielt eine Rechtsmittelbelehrung, wonach er mit einer Klage anfechtbar sei. Der Kandidat erhob die Klage vor dem Verwaltungsgericht Ansbach, die ihr stattgab. Der Verwaltungsgerichtshof München allerdings wies sie als unzulässig ab und ließ die Revision nicht zu. Der Prüfling erhob die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht – ohne Erfolg.

Isolierte Anfechtung des Prüferaustauschs nicht möglich

Nach § 44a VwGO können einzelne Verfahrenshandlungen nur zusammen mit der Sachentscheidung angegriffen werden, erläutert das BVerwG seine Entscheidung. Hier habe der Student nicht eindeutig Widerspruch gegen die Bewertung seiner Klausuren eingelegt, sondern nur formlos seine Einwände dargelegt, so dass das Prüfungsamt ein Nachprüfungsverfahren nach § 14 BayJAPO eingeleitet habe. Der Ausschluss des selbstständigen Rechtsmittels ist dem BVerwG zufolge gerechtfertigt, denn er dient der Beschleunigung des eigentlichen Verfahrens über das Bestehen oder Nichtbestehen des Staatsexamens. Die Entscheidung des Prüferaustauschs wegen möglicher Befangenheit sei auch als Verfahrenshandlung im Sinn von § 44 a VwGO zu betrachten, denn das Nachprüfungsverfahren sei Teil des Prüfungsverfahrens, und von der beendenden Sachentscheidung, der Examensnote, abzugrenzen.

Verwaltungsakt und Rechtsmittelbelehrung

Der Erlass des Prüferaustauschs per Verwaltungsakt mit Rechtsmittelbelehrung wurde laut den Leipziger Richtern zu Recht vom VGH in der Kostenentscheidung berücksichtigt, wonach das Land Bayern die Kosten für den Rechtsstreit zu tragen hatte, obwohl es den Prozess gewonnen hatte. Dem stünde auch Art. 19 Abs. 4 GG nicht entgegen. Der Ausschluss der gerichtlichen Überprüfung des Prüferaustausches führe nicht zu unzumutbaren Nachteilen, weil der Student immer noch die Examensnote angreifen und im Rahmen dieses Verfahrens auch den Prüferaustausch überprüfen lassen könne. Der 6. Verwaltungssenat merkte allerdings an, dass das Schreiben des Studenten – gerade im Licht der Art. 12 Abs. 1 und 19 Abs. 4 Satz 1 GG als Widerspruch ausgelegt werden sollte.

BVerwG, Beschluss vom 18.01.2022 - 6 B 21.21

Redaktion beck-aktuell, 8. März 2022.