Kein Zweifel an Verfassungstreue eines Soldaten

Allein die ehemalige kurze Zugehörigkeit eines Mannes zu einer politischen Organisation, die heute als Verdachtsfall eingestuft wird, begründet keinen Zweifel an seiner Eignung für einen Posten als Nachrichtenoffizier beim Militärischen Abschirmdienst (MAD), wenn er sich von dieser Gruppe gelöst und distanziert hat. Das Bundesverwaltungsgericht fordert für eine Wegversetzung eines Soldaten einen konkreten hinreichenden Verdacht einer verfassungswidrigen Betätigung zur Rechtfertigung dieser Maßnahme.

Nicht geeignet für den MAD?

Ein junger Mann war fünf Monate lang Mitglied der Jungen Alternative (JA), davon drei Monate im regionalen Vorstand. Nachdem ein Landesvorsitzender gewählt wurde, der nach seiner Einschätzung nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stand, trat er öffentlichkeitswirksam aus der Jugendorganisation aus. Ein halbes Jahr später bewarb er sich erfolgreich bei der Bundeswehr, ließ sich zum Feldjägeroffizier ausbilden und war zunächst als Zugführer im Feldjägerwesen tätig. Dann wurde er nach einem Auswahlverfahren und einer Sicherheitsüberprüfung der höchsten Stufe an das BAMAD (Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst) nach Köln versetzt. Die JA wurde nach seinem Weggang als Verdachtsfall durch das Bundesamt für Verfassungsschutz eingestuft. Daraufhin versetzte sein Dienstherr den Nachrichtenoffizier wegen fehlender Eignung für diesen Posten nach rund zwei Dienstjahren weg, um zu verhindern, dass die ehemalige Zugehörigkeit des Soldaten zu dieser Gruppe ein schlechtes Licht auf die Behörde wirft. Der Soldat beschwerte sich zunächst vergeblich beim Bundesverteidigungsministerium, stellte dann aber einen erfolgreichen Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim BVerwG.

Konkreter Verdacht verfassungswidriger Betätigung erforderlich

Die Leipziger Richter gestehen der Behörde zwar zu, ihre Angehörigen bei konkretem Verdacht einer verfassungswidrigen Tätigkeit versetzen zu dürfen. Bei einem Dienstposten, der - wie hier - für die demokratisch-rechtsstaatliche Ausrichtung der Bundeswehr eine hervorgehobene Bedeutung habe, verlange die Behörde auch zu Recht eine erhöhte Integrität. Der Grund für die Versetzung lag dem 1. Wehrdienstsenat zufolge aber nicht in der fehlenden Verfassungstreue des Nachrichtenoffiziers, denn diese stand nach der positiven Sicherheitsüberprüfung außer Zweifel. Allein die frühere Betätigung in einer Organisation, die erst nach seinem Austritt mutmaßlich verfassungsfeindliche Bestrebungen entwickelte, kann dem BVerwG zufolge keine mangelnde charakterliche Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 SG begründen – gerade weil sich der Soldat öffentlich von der JA distanziert habe. Die Behörde und das Ministerium hätten ihren Beurteilungsspielraum deutlich überschritten, weshalb die Versetzungsverfügung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO in Verbindung mit § 19 Abs. 1 Satz 1 WBO aufzuheben sei.

BVerwG, Beschluss vom 02.06.2021 - 1 WB 18.20

Redaktion beck-aktuell, 15. September 2021.