BVerwG verneint Schadensersatz: Nicht beförderte Beamte müssen selbst aktiv werden

Ein Beamter muss sich über das "Ob" und "Wann" von Beförderungsverfahren erkundigen und eventuelle Auskunftsmängel rügen, wenn er nicht Gefahr laufen will, einen etwaigen Anspruch auf Schadensersatz wegen seiner rechtswidrigen Nichtberücksichtigung in einem Beförderungsverfahren zu verlieren. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 15.06.2018 entschieden (Az.: 2 C 19.17 bis 2 C 23.17, 2 C 65.17 und 2 C 66.17).

Nichtbeförderte Beamte verlangten Schadensersatz wegen fehlerhafter Stellenausschreibung

Die Kläger der sieben Verfahren sind Beamte der Bundesrepublik Deutschland, die bei der Deutschen Telekom AG beschäftigt oder einem ihrer Tochterunternehmen zugewiesen sind oder waren. Sie beanspruchten nachträglich - zum Teil nach mehreren Jahren - Schadensersatz wegen verspäteter oder unterbliebener Beförderung, weil die fraglichen Stellen nicht oder nicht ordnungsgemäß ausgeschrieben worden seien.

OVG gab Klagen zum Teil statt

Fünf der Kläger hatten mit ihrem Begehren vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg. Dieses nahm an, die späte Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs durch diese Kläger könne nicht als treuwidrig beurteilt werden. In zwei Fällen wies das OVG die Klage ab, weil die Kläger hinreichend Anlass gehabt hätten, sich beim Dienstherrn zu erkundigen, ob sie für eine Bewerbung für den Arbeitsposten in Betracht kamen.

BVerwG: Anspruch auf leistungsgerechte Berücksichtigung im Auswahlverfahren zwar verletzt

Das BVerwG hat nun in allen Verfahren einen Schadensersatzanspruch des jeweiligen Beamten verneint. Zwar habe der Dienstherr in allen Verfahren den Bewerbungsverfahrensanspruch der Beamten auf leistungsgerechte Berücksichtigung in dem jeweiligen Auswahlverfahren verletzt. Auch sei ein daraus resultierender Schaden des jeweiligen Beamten auf der Grundlage der Feststellungen der Berufungsurteile zu bejahen.

Kläger hätten Schaden aber abwenden können und müssen

Doch sei es allen Klägern möglich und zumutbar gewesen, den Schaden abzuwenden, fährt das BVerwG fort. Nach einem allgemeinen Rechtsgedanken, der in § 839 Abs. 3 BGB seinen Niederschlag gefunden hat, trete eine Schadensersatzpflicht nicht ein, wenn der Geschädigte es schuldhaft unterlassen hat, den Schadenseintritt durch Gebrauch eines - zumutbaren - Rechtsmittels abzuwenden. Der Begriff des "Rechts­mittels" sei nach der Rechtsprechung insbesondere des Bundesgerichtshofs weit auszulegen.

Hinweise der Telekom zu Beförderungsverfahren hätten Anlass zu weiteren Erkundigungen gegeben

Wie das BVerwG weiter ausführt, habe die Deutsche Telekom AG in den fraglichen Zeiträumen im für die Beschäftigten zugänglichen Intranet Hinweise über die wesentlichen Grundzüge veröffentlicht, nach denen sie regelmäßig Beförderungsverfahren für Beamte durchgeführt habe. Diese Hinweise seien zwar allgemein und unvollständig gewesen. Doch hätten sie den Klägern hinreichend Anlass (Anstoßfunktion) gegeben, sich bei der Telekom über die Einzelheiten des Beförderungsverfahrens zu erkundigen. Hätten sie dies getan und Auskünfte erhalten, wären sie in der Lage gewesen, ihre Rechte weiter zu verfolgen und damit den Schaden ab­zuwenden, so das BVerwG.

Beamter hat Erkundigungs- und Rügeobliegenheit über "Ob" und "Wann" von Beförderungsverfahren

Laut BVerwG hat die besondere Erkundigungs- und Rügeobliegenheit für an ihrem beruflichen Fortkommen interessierte Beamte ihren rechtlichen Grund in dem durch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG geprägten Dienst- und Treueverhältnis, das Dienstherrn und Beamten verbinde. Ein Beamter, der an seinem beruflichen Fortkommen interessiert und sich über das "Ob" und "Wann" von Beförderungsverfahren im Unklaren sei, habe die Obliegenheit, sich bei seinem Dienstherrn darüber näher zu erkundigen und für den Fall von als unzureichend angesehenen Auskünften diese zu rügen und gegen drohende Ernennungen mit Mitteln des vorläufigen Rechtsschutzes vorzugehen.

BVerwG, Urteil vom 15.06.2018 - 2 C 19.17

Redaktion beck-aktuell, 15. Juni 2018.

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