Kein Rechtsschutzbedürfnis im Eilverfahren mangels Vorbefassung der Behörde

Grundsätzlich erfordert das Rechtsschutzbedürfnis im einstweiligen Verfahren die Vorbefassung der zuständigen Behörde. Dies gilt laut Bundesverwaltungsgericht auch für einen Verein, der Überwachungsmaßnahmen des Bundesnachrichtendienstes einstweilen vorbeugend untersagt haben möchte. Tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme des Antragstellers, die Stellung eines vorherigen Antrags sei reine Förmelei, seien von ihm darzulegen.

Nachrichtendienstliche Maßnahmen nach Artikel 10-Gesetz

Ein Verein, der international Verstöße gegen die Pressefreiheit dokumentiert, verlangte, es dem BND einstweilen zu untersagen, seine mit Dritten, vor allem verfolgten Journalisten, über Messenger-Dienste oder auf andere Weise geführte Telekommunikation zu überwachen oder aufzuzeichnen. Die Nichtregierungsorganistion teilte mit, dass sie seit Einführung des § 11 Abs. 1a G10 befürchten müsse, in ihrer Recherche per Chat durch staatliche Überwachungsmaßnahmen beeinträchtigt zu werden. Durch den Umstand, dass die Nachrichtenbehörde die hochumstrittene Überwachungssoftware "Pegasus" gegenüber Informanten einsetze, sei der Verein mittelbar als so genannter "Nebenbeteiligter" besonders betroffen. Gegenüber dem Geheimdienst hatte die Gruppierung vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens keinen - von ihr als aussichtslose Förmelei bezeichneten - Antrag gestellt. Der Antrag beim BVerwG hatte keinen Erfolg.

Fehlende behördliche Vorbefassung

Aus Sicht der Leipziger Bundesrichter ist der Antrag, über den sie nach § 123 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwGO in Verbindung mit § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO zu entscheiden haben, bereits unzulässig. Dem Antragsteller fehle mangels Vorbefassung des BND das Bedürfnis für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Der Einwand des Vereins, er wolle dem Nachrichtendienst Überwachungsmaßnahmen einstweilen vorbeugend untersagen, rechtfertige allein nicht die Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses. Aus welchen Gründen eine behördliche Vorbefassung für ihn unzumutbar gewesen sei, bleibe unerfindlich. Tatsächliche Anhaltspunkte für seine Annahme, die Stellung eines vorherigen Antrags sei wegen mutmaßlicher Aussichtslosigkeit eine überflüssige Förmelei, habe der Verein nicht dargelegt.

BVerwG, Beschluss vom 22.11.2021 - 6 VR 4.21

Redaktion beck-aktuell, 15. Dezember 2021.