Kein einstweiliger Rechtsschutz für Soldaten ohne Erfahrungsnachteil in Konkurrentenstreit

Ein Soldat, der parallel in einem weiteren Bewerbungsverfahren auf einen mindestens gleichwertigen Posten wie sein Konkurrent befördert wurde, muss keinen für ihn nachteiligen Erfahrungsvorsprung seines Mitbewerbers fürchten. Das Bundesverwaltungsgericht hat darauf hingewiesen, dass bei einer möglichen neuen Auswahlentscheidung beide Kontrahenten Dienstzeiten auf höherer Ebene vorweisen könnten.

Streit um Promotion

Ein Oberfeldarzt war mit einer Stellenbesetzung nicht einverstanden. Konkret ging es um eine mit A16 (Dienstgrad Oberstarzt) dotierte Stelle an einem Bundeswehrkrankenhaus. Da dieses aus Sicht der Behörde gleichzeitig ein akademisches Lehrkrankenhaus war, war eine Promotion für die Stelle zwingend vorgeschrieben. Dementsprechend wurde im Februar 2022 eine Kollegin des Arztes befördert, die ansonsten eine um 0,75 Punkte schlechtere Bewertung erhalten hatte. In seiner Beschwerde vom 08.02.2022 an das Ministerium berief der Mann sich darauf, das Merkmal "Promotion" hätte nicht zu seinem Ausschluss führen dürfen – zumal die Einrichtung bei der Ärztekammer nicht als Lehrpraxis geführt werde. Erst als er sich im Mai erkundigte, warum über seine Beschwerde nicht entschieden worden war, leitete die Bundeswehr diese als Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das BVerwG weiter. Im Juli beantragte der Oberfeldarzt, die mittlerweile auch zur Oberstärztin ernannte Mitbewerberin einstweilen wieder von ihrem Posten zu entfernen. Die Behörde verteidigte sich unter anderem mit dem Hinweis, die Promotion weise die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten nach. Teil der Dienstpflichten sei die Repräsentation der Bundeswehr auf internationalen akademischen Fachkongressen. Im September beförderte sie den Bewerber auf eine Stelle als Beratender Arzt – ebenfalls auf der Stufe A16. Das BVerwG wies den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurück.

Kein Erfahrungsvorsprung

Die Leipziger Richter betonen, dass grundsätzlich die Voraussetzungen für ein Einschreiten bestanden hätten. Die erfolgte Ernennung der Konkurrentin spreche nicht dagegen. Als Soldatin müsse sie auch hinnehmen, ihren Posten nachträglich wieder zu verlieren, wenn ihr Kollege im Auswahlverfahren benachteiligt worden sein sollte. Eine Entscheidung in der Hauptsache binnen sechs Monaten sei auch nicht mehr möglich. Dies führe in der Regel zur Gefahr, dass allein die in der Zwischenzeit erworbenen Erfahrungen auf dem höherwertigen Posten ein mögliches neues Auswahlverfahren zulasten des Mitbewerbers verzerre. Da hier aber beide Beteiligten die Gelegenheit hätten, auf der Ebene A16 Kenntnisse zu sammeln, bestehe diese Gefahr hier nicht, so der Wehrsenat.

BVerwG, Beschluss vom 10.10.2022 - 1 W-VR 16.22

Michael Dollmann, Mitglied der NJW-Redaktion, 16. November 2022.

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