Untersuchung sollte Angemessenheit eines Nachrufes oder einer Kranzspende klären
Im Rahmen der Aufarbeitung seiner Vergangenheit ließ das Bundeslandwirtschaftsministerium zur Klärung der Frage, ob es unter Würdigung des Verhaltens ehemaliger Bediensteter in der NS-Zeit angezeigt erscheint, diese nach ihrem Tod mit einer Kranzspende oder einem Nachruf zu ehren, ein wissenschaftliches Gutachten erstellen. Darin wurden die Lebensläufe von 62 ehemaligen Bediensteten des Ministeriums, die zum Zeitpunkt der Vergabe des Gutachtenauftrags noch lebten, im Hinblick auf eine nationalsozialistische Vergangenheit untersucht und bewertet. Dem Antrag des Klägers, eines Journalisten, ihm auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes beziehungsweise nach Maßgabe des presserechtlichen Auskunftsanspruchs Einsicht in das 2009 fertiggestellte Gutachten zu gewähren, entsprach das Ministerium nur unter Schwärzung von Teilen des Gutachtens, soweit sie personenbezogene Daten betrafen.
OVG: Zugang erst drei Jahren nach dem Tod
Die dagegen gerichtete Klage hatte vor dem Oberverwaltungsgericht teilweise Erfolg: Soweit sich die im Gutachten enthaltenen Informationen auf noch lebende Personen bezögen, komme eine Einsicht wegen der Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten nur bei Einwilligung der Betroffenen in Betracht. Das Ministerium sei zu einer entsprechenden Nachfrage verpflichtet. Hinsichtlich der bereits verstorbenen ehemaligen Bediensteten sei Einsicht in das Gutachten zu gewähren, soweit diese Personen darin als "deutlich kritikwürdig" oder "nicht ehrwürdig" bezeichnet würden oder ihr Todeszeitpunkt mindestens drei Jahre zurückliege.
BVerwG: Lebensläufe bereits verstorbener Mitarbeiter können direkt eingesehen werden
Das BVerwG hat die Entscheidung des OVG jetzt im Ergebnis bestätigt, soweit sie die noch lebenden ehemaligen Mitarbeiter betrifft. Vorbehaltlich einer Einwilligung der Betroffenen stehe der Schutz personenbezogener Daten der Einsicht auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes zwingend entgegen. Soweit nach den beamtenrechtlichen Vorschriften die vom Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung grundsätzlich geforderte Vertraulichkeit der Personalaktendaten zum Schutz höherrangiger Interessen ausnahmsweise durchbrochen und Einsicht gewährt werden kann, komme hier dem Informationsinteresse der Presse kein Vorrang zu. Demgegenüber gehe dieses Interesse vor, soweit im Gutachten die Lebensläufe bereits verstorbener Mitarbeiter behandelt werden. Der postmortale Persönlichkeitsschutz gebiete auch bei Würdigung der Belange der Hinterbliebenen nicht, den Zugang zu diesen Unterlagen während eines Zeitraums von drei Jahren nach dem Tod zu sperren.