Insolvenzverwalter erhält keine Auskunft über Steuerkonto des Schuldners
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Der Insolvenzverwalter kann vom Finanzamt keine Auskunft über das Steuerkonto des Insolvenzschuldners verlangen, um potentiell anfechtungsrelevante Sachverhalte zur Mehrung der Insolvenzmasse zu ermitteln. Das nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO bestehende Auskunftsrecht "der betroffenen Person" gelte nur für die durch die persönlichen Daten identifizierbare Person selbst, entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit Urteil vom 16.09.2020.

Insolvenzverwalter klagte auf Auskunft über das Steuerkonto des Schuldners

Der Kläger ist Insolvenzverwalter und begehrt in dieser Funktion vom beklagten Finanzamt einen Auszug aus dem Steuerkonto des Schuldners. Hierdurch erhielte er die Möglichkeit, potentiell anfechtungsrelevante Sachverhalte zur Mehrung der Insolvenzmasse zu ermitteln. Sein zunächst auf das Niedersächsische Landesdatenschutzrecht gestütztes Begehren verfolgt er unter Berufung auf Art. 15 Abs. 1 DS-GVO seit dessen Inkrafttreten im Mai 2018 weiter.

BVerwG: Insolvenzverwalter ist keine "betroffene Person"  

Art. 15 Abs. 1 DS-GVO räumt einer betroffenen Person das Recht ein, von einem für die Datenverarbeitung Verantwortlichen Auskunft über die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten zu verlangen. Dieser Anspruch bestehe zwar grundsätzlich auch gegenüber den Finanzbehörden, erläuterte das BVerwG. Allerdings sei der Insolvenzverwalter hinsichtlich der personenbezogenen Daten des Insolvenzschuldners weder nach dem Wortlaut, der Systematik noch nach dem Sinn und Zweck der einschlägigen Regelungen der DS-GVO "betroffene Person".

Auskunftsanspruch stellt persönliches Recht dar

Betroffene Person sei nach Art. 4 Nr. 1 DS-GVO nur diejenige natürliche Person, die durch die jeweiligen personenbezogenen Daten identifizierbar oder identifiziert sei. Eine Erweiterung dieses Begriffs auf den mit der Verwaltung der Insolvenzmasse betrauten Insolvenzverwalter widerspräche dem Charakter des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO. Die in der DS-GVO verankerten Betroffenenrechte würden dem Schutz des Grundrechts auf Achtung der Privatsphäre aus Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dienen.

DS-GVO bezweckt allein den Schutz des Betroffenen

Dieser Schutz lasse sich nur verwirklichen, wenn sich die von einer Datenverarbeitung betroffene Person vergewissern könne, dass ihre personenbezogenen Daten richtig seien und in zulässiger Weise verarbeitet würden, um andernfalls von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen unter anderem die Berichtigung oder Löschung ihrer Daten zu verlangen. Der Auskunftsanspruch sei seiner Natur nach ein Instrument zur Schaffung des notwendigen Wissensfundaments für die Geltendmachung weitergehender Betroffenenrechte und ziele nicht auf die vom Kläger beabsichtigte Gewinnung von Informationen mit vermögensrechtlichem Bezug.

Kein gesetzlicher Übergang des Auskunftsanspruchs nach InsO

Auch ein Übergang dieses Auskunftsanspruchs in die Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters gemäß § 80 Abs. 1 Insolvenzordnung finde nicht statt. Denn er sei seinem Charakter nach untrennbar mit der Person des Berechtigten verbunden und könne nicht losgelöst von den weiteren Betroffenenrechten betrachtet werden. Eine Ausübung durch den Insolvenzverwalter würde seine Zielrichtung und seinen Zweck verändern. Auch eine Differenzierung nach dem Vermögensbezug der betroffenen Daten komme daher nicht in Betracht.

BVerwG, Urteil vom 16.09.2020 - 6 C 10.19

Redaktion beck-aktuell, 17. September 2020.