Klagen auf Vergrößerung weiterer Rettungsplatzflächen erfolglos
Damit hatten die Klagen des Kreises und des Freistaates gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 30.03.2016 zur 7. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses des Eisenbahn-Bundesamtes vom 20.01.1995 für das Vorhaben "Neubaustrecke Ebensfeld - Erfurt, Planfeststellungsabschnitt 2.12 Thüringer Wald" teilweise Erfolg. Die weitergehenden Klagen auf Vergrößerung einer Rettungsplatzfläche am Tunnel Goldberg und - nur im Verfahren des Freistaates - am Tunnel Masserberg hat das BVerwG abgewiesen. Auch die Klagen des Ilmkreises und des Freistaates Thüringen auf Vergrößerung des Rettungsplatzes am Notausgang 7 des Tunnels Silberberg im Planfeststellungsabschnitt 2.2 Ilmenau sind ohne Erfolg geblieben.
Vergrößerung der Rettungsplätze auf jeweils 3.000 Quadratmeter gefordert
Am Tunnel Blessberg mit einer Länge von 8,3 Kilometern sind mehrere Notausgänge an einen gemeinsamen Rettungsstollen angebunden, der am Notausgang 8 ins Freie auf einen Rettungsplatz führt. Der Planfeststellungsbeschluss sieht vor, den Rettungsplatz von rund 280 Quadratmetern auf rund 1.540 Quadratmeter zu vergrößern. An den Tunneln Goldberg (1,16 Kilometer lang) und Masserberg (1,05 Kilometer lang) führt ein Notausgang unmittelbar neben den Nordportalen der Tunnel ins Freie. Für Notausgang und Tunnelportal ist jeweils ein gemeinsamer Rettungsplatz vorgesehen. Nach dem geänderten Plan ist die Rettungsplatzfläche von rund 300 Quadratmetern auf rund 1.500 Quadratmeter beziehungsweise von rund 500 Quadratmetern auf rund 1550 Quadratmeter zu erweitern. Am Tunnel Silberberg (7,4 Kilometer lang) sind - wie am Tunnel Blessberg - mehrere Notausgänge an einen gemeinsamen Rettungsstollen angebunden. Der gemeinsame Rettungsplatz am Notausgang 7 soll von rund 1.100 Quadratmetern auf rund 1.840 Quadratmeter erweitert werden. Mit ihren Klagen verfolgten die Kläger ihre bereits im Planänderungsverfahren erhobene Forderung weiter, die Rettungsplätze auf jeweils 3.000 Quadratmeter zu vergrößern. Sie rügten, die planfestgestellten Flächen seien nicht ausreichend, um im Einsatzfall alle Aufgaben sicher und effektiv erfüllen zu können.
Klagen zu Planfeststellungsabschnitt 2.12 Thüringer Wald zulässig
Die Klagen betreffend den Planfeststellungsabschnitt 2.12 Thüringer Wald hatten teilweise Erfolg. Die Klagen seien insgesamt zulässig. Die Kläger seien klagebefugt, da sie sich in Bezug auf die Größe der Rettungsplätze auf eine wehrfähige Rechtsposition berufen können, so das BVerwG. Nach dem Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz sei das Land Aufgabenträger für den Katastrophenschutz und für die zentralen Aufgaben des Brandschutzes. Es habe danach auch die Aufgabe, bei Schadensereignissen in Eisenbahntunneln den Brand- und Katastrophenschutz zu gewährleisten. Den Landkreisen sei der überörtliche Brandschutz als Selbstverwaltungsaufgabe übertragen. Sowohl der Freistaat als auch die Landkreise hätten geltend gemacht, dass im Ereignisfall die Erfüllung ihrer Aufgaben infolge der planfestgestellten Rettungsplatzgröße erschwert werde.
BVerwG: Laut Richtlinie des Eisenbahn-Bundesamtes 1.500 Quadratmeter ausreichend
Die Klagen sind laut BVerwG hinsichtlich des Rettungsplatzes am Notausgang 8 des Blessbergtunnels begründet; hinsichtlich der anderen Rettungsplätze seien sie unbegründet. Gemäß § 4 Abs. 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes und § 2 Abs. 1 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung müssten Bahnanlagen so beschaffen sein, dass sie den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit genügen. Die technischen Sicherheitsanforderungen an Eisenbahntunnel würden durch die Richtlinie des Eisenbahn-Bundesamtes zu den "Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an den Bau und den Betrieb von Eisenbahntunneln" konkretisiert. Die Richtlinie sei von Fachleuten aus den Bundesländern, von der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren, der Deutsche Bahn AG und des Eisenbahn-Bundesamtes erarbeitet worden. Durch eine Neufassung der Richtlinie vom 01.07.2008 hätten sich die Anforderungen an die Sicherheit von Eisenbahntunneln erhöht. Die Richtlinie verlange nunmehr, dass bei Tunneln mit einer Länge von über 1.000 Metern an den beiden Tunnelportalen und an den ins Freie führenden Notausgängen jeweils ein Rettungsplatz anzuordnen ist und dass der Rettungsplatz eine Gesamtfläche von mindestens 1.500 Quadratmetern aufzuweisen hat. Die Richtlinie lasse die Bündelung von mehreren Notausgängen an einen gemeinsamen Rettungsstollen ausdrücklich zu, ohne an die Größe des Rettungsplatzes besondere Anforderungen zu stellen; sie sehe eine Mindestfläche von 1.500 Quadratmetern auch in diesem Fall grundsätzlich als ausreichend an. Das Gleiche gelte, wenn ein Notausgang unmittelbar neben einem Tunnelportal ins Freie führt.
Außergewöhnliche Umstände können größere Rettungsplatzfläche erforderlich machen
Die in der Richtlinie festgelegte Mindestfläche stehe jedoch unter dem Vorbehalt, dass bei dem fraglichen Tunnel beziehungsweise Tunnelabschnitt keine atypischen, außergewöhnlichen Umstände vorliegen, die eine größere Rettungsplatzfläche erfordern.
Bei Notausgang 8 am Tunnel Blessberg außergewöhnliche Umstände gegeben
Beim Notausgang 8 am Tunnel Blessberg lägen in der Gesamtschau solche außergewöhnlichen Umstände vor. Die Zufahrt zum Rettungsplatz durch den Thüringer Wald über ausgebaute Waldwege sei mit über sieben Kilometern besonders lang und fahrtechnisch außergewöhnlich anspruchsvoll. Der erforderliche Begegnungsverkehr sei nur mit Ausweichstellen möglich. Wegen dieser Schwierigkeiten müsse der Rettungsplatz vorsorglich mit einer größeren Zahl von Fahrzeugen und Einsatzkräften angefahren werden als ein leicht und schnell erreichbarer Rettungsplatz. Zudem müsse eine Durchfahrt zum Rettungsplatz am Nordportal des Tunnels freigehalten werden. Zusätzliche Bereitstellungsflächen außerhalb des Rettungsplatzes seien nicht vorhanden. Soweit sich die Vorhabenträgerin im Planfeststellungsverfahren bereit erklärt hat, in der Nähe des Notausgangs 8 weitere Teilflächen von insgesamt circa 500 Quadratmeter nutzbar zu machen, seien diese Flächen nicht planfestgestellt worden.
Eisenbahn-Bundesamt hätte Erforderlichkeit einer Vergrößerung prüfen müssen
Das Eisenbahn-Bundesamt hätte daher prüfen müssen, ob wegen dieser besonderen, den Rettungseinsatz erschwerenden Umstände eine weitere Vergrößerung des Rettungsplatzes erforderlich ist. Der Planfeststellungsbeschluss vom 30.03.2016 lasse nicht erkennen, dass das Amt eine solche Prüfung vorgenommen hat, rügt das BVerwG. Daraus ergebe sich der Anspruch der Kläger auf Neubescheidung ihrer Forderung.
Andere Rettungsplätze groß genug
Bei den Rettungsplätzen an den Nordportalen des Goldbergtunnels und des Masserbergtunnels liege keine vergleichbare Besonderheit der örtlichen Verhältnisse vor. Die planfestgestellte Rettungsplatzgröße sei daher nicht zu beanstanden, so das BVerwG weiter. In der Gesamtschau weise auch der Rettungsplatz am Notausgang 7 des Tunnels Silberberg keine Besonderheiten auf, die dem Eisenbahn-Bundesamt Veranlassung geben mussten, einen weitergehenden Flächenbedarf in Betracht zu ziehen. Die planfestgestellte Fläche überschreite die in der Richtlinie vorgegebene Mindestfläche um 340 Quadratmeter. Der Platz sei unmittelbar an das öffentliche Verkehrswegenetz angebunden. Das Eisenbahn-Bundesamt habe auch zugrunde legen dürfen, dass die Landesstraße erforderlichenfalls als zusätzliche Bereitstellungsfläche für Einsatzfahrzeuge genutzt werden kann.