Hamburg und Ludwigsburg müssen Luftreinhaltepläne nachbessern

Hamburg und Ludwigsburg müssen ihre Luftreinhaltepläne nachbessern. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht auf Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) entschieden. Nach den Urteilen sind (weitere) Diesel-Fahrverbote in Hamburg möglich, in Ludwigsburg hingegen eventuell vom Tisch. In Kiel muss die Vorinstanz noch weiter Beweis erheben.

BVerwG machte Weg für Diesel-Fahrverbote 2018 frei

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatten auf eine entsprechende Änderung in den Luftreinhalteplänen der drei Städte geklagt. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte im Februar 2018 den Weg für Fahrverbote bestimmter Fahrzeuge in Deutschland frei gemacht. Diese seien grundsätzlich zulässig, müssten aber verhältnismäßig sein. In Stuttgart gilt für ältere Diesel ein Fahrverbot im gesamten Stadtgebiet, in Darmstadt, Hamburg und Berlin ist die Durchfahrt einzelner Straßen nicht gestattet. Viele andere Kommunen haben ihre Anstrengungen deutlich erhöht, um Fahrverbote noch zu vermeiden: Klimafreundlichere Busse werden eingesetzt, Radwegenetze ausgebaut, Parkgebühren in den Innenstädten erhöht oder Filteranlagen aufgestellt.

Vorinstanzen beanstandeten Luftreinhaltepläne

Auch Kiel, Hamburg und Ludwigsburg haben Maßnahmen ergriffen. Dennoch wurde an einigen Messstationen der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten. Den Gerichten in den ersten Instanzen reichten die Maßnahmen nicht aus, und sie zweifelten auch die Prognosen der Städte an. Durch zusätzliche Diesel-Verkehrsverbote könnten die Grenzwertüberschreitungen schneller abgebaut werden, hieß es jeweils in den Begründungen. Die Gerichte hatten jedoch die Revision in Leipzig zugelassen.

BVerwG-Urteil zu Reutlingen machte beklagten Städten Hoffnung

Michael Ilk, Bürgermeister für Mobilität in Ludwigsburg, zeigte sich am Rande der Verhandlung in Leipzig zuversichtlich, dass in Ludwigsburg auch ohne ein Diesel-Fahrverbot die zulässigen Grenzwerte für Stickstoffdioxid zeitnah erreicht werden. Optimistisch waren die beklagten Städte vor allen wegen einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Februar 2020. Der auch nun wieder zuständige 7. Senat hatte der Stadt Reutlingen zwar auferlegt, ihren Luftreinhalteplan zu überarbeiten. Dabei müssten aber nicht zwingend Fahrverbote vorgesehen werden. Wenn eine Einhaltung des Grenzwerts mit anderen Mitteln in Kürze absehbar sei, könnten Verkehrsverbote unverhältnismäßig sein, hieß es.

BVerwG: (Weitere) Fahrverbote in Hamburg möglich

Nach einem der jetzigen Urteile des BVerwG muss Hamburg nun seinen Luftreinhalteplan nachbessern, um den NO2-Grenzwert schnellstmöglich einzuhalten. Dabei wären (weitere) Dieselfahrverbote auf der Grundlage der dem geltenden Luftreinhalteplan zugrunde liegenden Prognose (Grenzwerteinhaltung erst 2025) verhältnismäßig, so das BVerwG. Neue Prognosen der Stadt seien fehlerhaft, weil die dabei eingeflossene Pkw-Flottenzusammensetzung für Hamburg den – möglicherweise signifikanten – Pendlerverkehr nicht berücksichtigt habe. Außerdem seien die Messwerte in einer unzulässigen Höhe (4 statt 1,5 Meter Höhe) ermittelt worden.

Fahrverbote in Ludwigsburg vom Tisch?

Auch Ludwigsburg muss seinen Luftreinhalteplan überarbeiten. Laut BVerwG wäre dort die Anordnung eines Dieselfahrverbots entgegen der Ansicht der Vorinstanz allerdings unverhältnismäßig, wenn der Grenzwert bereits im Folgejahr des Planerlasses eingehalten wird. Das Gericht bestätigte aber, dass die Planprognose fehlerhaft sei, insbesondere hinsichtlich der erwarteten Minderung der NO2-Belastung aufgrund einer Erneuerung der Ludwigsburger Fahrzeugflotte. Über den Luftreinhalteplan für Kiel muss das OVG Schleswig hingegen eine Beweisaufnahme zur Frage der Wirksamkeit der umstrittenen Luftfilteranlagen nachholen und neu entscheiden.

Bessere Luft – Diskussion um Diesel-Fahrverbote verliert an Brisanz

Inzwischen hat die Diskussion um Fahrverbote für bestimmte Fahrzeuge etwas an Brisanz verloren. Nach einem im Februar 2021 vorgelegten Zwischenbefund des Umweltbundesamtes (UBA) zur Luftreinheit wurden im Pandemiejahr 2020 weniger Stickoxide und weniger Feinstaub festgestellt - und das nicht nur wegen Corona. Nach den vorläufigen Daten der Länder und des UBA war die Belastung mit gesundheitsschädlichem Stickstoffdioxid in deutschen Städten im vergangenen Jahr so gering wie noch nie seit Beginn der Messungen. Haupttreiber des Rückgangs seien sauberere Fahrzeuge, mehr Tempo-30-Zonen und der Einsatz schafstoffärmerer Busse gewesen. Auch Software-Updates und neue Modelle mit weniger Schadstoffausstoß schlagen den Angaben zufolge zu Buche. Auch die Feinstaubbelastung ging 2020 auf den niedrigsten Wert seit Beginn der Messungen Ende der 1990er Jahre zurück. Trotzdem streiten betroffene Kommunen noch immer vehement vor Gerichten.

BVerwG , Urteil vom 28.05.2021 - 7 C 2.20

Redaktion beck-aktuell, 28. Mai 2021 (ergänzt durch Material der dpa).

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