Stadt wollte Leistungen nach dem UVG auf BAföG anrechnen
Der Kläger im entschiedenen Fall besuchte eine höhere Berufsfachschulklasse und erhielt im Bewilligungszeitraum Juli 2017 bis Juni 2018 Ausbildungsförderung nach dem BAföG in Höhe von 92 Euro monatlich. Den restlichen Bedarf deckte seine alleinerziehende Mutter ab, bei der er lebte, während sein Vater nicht zur Zahlung von Unterhalt in der Lage war. Nachdem der Gesetzgeber ab 01.07.2017 die Berechtigung zum Bezug von Leistungen nach dem UVG von der Vollendung des 12. Lebensjahres auf die Vollendung des 18. Lebensjahres heraufgesetzt hatte, erhielt der Kläger von Juli 2017 bis zu seinem 18. Geburtstag im Oktober 2017 auch Leistungen nach dem UVG in Höhe vom insgesamt 660 Euro. Die beklagte Stadt sah diese Leistungen als Ausbildungsbeihilfe an, die auf die gesamte 2017/2018 gewährte Ausbildungsförderung nach dem BAföG ohne Berücksichtigung eines Freibetrages anzurechnen sei. Dementsprechend setzte sie die Ausbildungsförderung für den Kläger herab und forderte ihn zur Erstattung überzahlter BAföG-Leistungen auf. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Gera (Az.: 6 K 1211/18 Ge) Erfolg.
BVerwG: UVG-Leistungen sind Einkommen im Sinn des Gesetzes
Die Sprungrevision der Beklagten hat das BVerwG zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Anrechnung von UVG-Leistungen auf die Ausbildungsförderung nach dem BAföG liegen im Streitfall nach Ansicht des Gerichts nicht vor. Die UVG-Leistungen seien Einkommen im Sinne des Gesetzes (§ 21 BAföG). Es handele sich zwar nicht um Ausbildungsbeihilfen (§ 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG), da sie nicht zum Zweck der Durchführung einer Ausbildung, sondern unabhängig hiervon für den Lebensunterhalt gewährt werden. Unterhaltsvorschussleistungen würden nach geltendem Recht aber zu den sonstigen Einnahmen (§ 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BAföG) gehören. Denn sie würden dem Lebensbedarf des Auszubildenden dienen und seien in der Einkommensverordnung zum BAföG (§ 1 Nr. 7) eigens als sonstige Einnahmen benannt.
Leistungen unterfallen Einkommensfreibetrag
Als solche würden sie dem allgemeinen Einkommensfreibetrag unterfallen, wonach vom Einkommen des Auszubildenden monatlich 290 Euro anrechnungsfrei bleiben (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 BAföG). Dieser eindeutige gesetzliche Befund könne nicht im Weg der richterlichen Rechtsfortbildung korrigiert werden. Es lasse sich weder eindeutig feststellen, dass die Nichtanrechnung von UVG-Leistungen bis zur Höhe des Einkommensfreibetrages dem gesetzgeberischen Plan des BAföG zuwiderlaufe, noch in welcher Weise einer etwaigen Planwidrigkeit Rechnung zu tragen wäre, zumal eine nur teilweise Anrechnung wie bei Waisenrente und -geld (§ 23 Abs. 4 Nr. 1 BAföG) durch den Gesetzgeber nicht auszuschließen sei.