Genehmigung von Sonntagsarbeit bei Amazon im Advent 2015 war rechtswidrig
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Das Bundesverwaltungsgericht hat am 27.01.2021 in der Revisionsinstanz bestätigt, dass die Bewilligung von Sonntagsarbeit für zwei Versandlager von Amazon im Advent 2015 rechtswidrig war. Die Ausnahmegenehmigung des Landes Nordrhein-Westfalen hätte nicht erteilt werden dürfen, weil Amazon die Bedarfslage für Sonntagsarbeit durch Lieferversprechen selbst geschaffen habe.

Land genehmigte Sonntagsarbeit für das Weihnachtsgeschäft von Amazon

Eine Amazon-Tochter hatte 2015 für mehrere Versandlager Sonntagsarbeit im Advent beantragt und dies mit den erhöhten Bestellungen im Weihnachtsgeschäft begründet. Das beklagte Land Nordrhein-Westfalen hatte der Beigeladenen die Arbeit an zwei Sonntagen (3. und 4. Adventssonntag 2015) zur Beschäftigung von jeweils 800 Arbeitnehmern genehmigt, weil besondere Verhältnisse dies zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens erforderten. Andernfalls drohe ein Überhang von ungefähr 500.000 unbearbeiteten Bestellungen bis Weihnachten.

Verdi-Klage in allen Instanzen erfolgreich

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi erhob Klage und bekam vorinstanzlich Recht. Dem Oberverwaltungsgericht zufolge habe der Versandhändler die Bestellungen mit kurzfristigen Lieferversprechen (“Same Day Delivery“) selbst angekurbelt, sodass keine “besonderen Verhältnisse von außen“ auf das Unternehmen eingewirkt hätten. Das Land und die Beigeladene legten jeweils Revision ein. Das BVerwG hat jetzt auch die Revisionen zurückgewiesen. Nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b ArbZG könne die zuständige Behörde an bis zu fünf Sonn- und Feiertagen die Beschäftigung von Arbeitnehmern bewilligen, wenn besondere Verhältnisse zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens dies erforderten. Besondere Verhältnisse seien vorübergehende Sondersituationen, die eine außerbetriebliche Ursache hätten. Sie dürften also nicht vom Arbeitgeber selbst geschaffen sein.

Amazon hat Bedarfslage für Sonntagsarbeit selbst geschaffen

Vorliegend sei der Bedarf für die beantragte Sonntagsarbeit jedoch auf solche rein innerbetrieblichen Umstände zurückzuführen gewesen. Ursächlich sei nicht schon der saisonbedingt erhöhte Auftragseingang. Die Lieferengpässe seien vielmehr maßgeblich durch die kurz vor dem Weihnachtsgeschäft 2015 eingeführte Zusage kostenloser Lieferung am Tag der Bestellung verstärkt worden. Ob schon ein saisonbedingt erhöhter Auftragseingang eine Sondersituation darstelle, sei hier deshalb nicht zu entscheiden.

Verdi zufrieden – Amazon sieht weiter Bedarf für Sonntagsarbeit

Verdi hat sich nach Medienberichten mit dem Urteil zufrieden gezeigt: “Amazon hat vor deutschen Gerichten eine weitere verdiente Klatsche einkassiert. Der Konzern sollte endlich zur Kenntnis nehmen, dass das Grundgesetz auch für US-Unternehmen gilt“, erklärte Orhan Akman,
Bundesfachgruppenleiter für den Einzelhandel bei Verdi. Die Gewerkschaft werde zusammen mit ihren kirchlichen Bündnispartnern den freien Sonntag auch gegen weitere Angriffe verteidigen. Amazon teilte dagegen mit, die Entscheidung sorgfältig prüfen zu wollen. Das Urteil habe keinen Einfluss auf den aktuellen Betriebsablauf. Es bestehe durchaus weiter ein Bedürfnis für Anträge auf Sonntagsarbeit: "Wir haben in den vergangenen Jahren keine Anträge mehr gestellt, weil wir den Ausgang der Verfahren abwarten wollten."

BVerwG, Urteil vom 27.01.2021 - 8 C 3.20

Redaktion beck-aktuell, 28. Januar 2021 (ergänzt durch Material der dpa).