Gebühren für die Eingliederung eines Lingualretainers

Für das Einsetzen eines festsitzenden Lingualretainers können im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung neben Nr. 6030 bis 6080 (Maßnahmen zur Umformung des Kiefers/zur Einstellung des Kiefers in den Regelbiss einschließlich Retention) der Anlage 1 der Gebührenordnung für Zahnärzte nicht zusätzlich die Gebührennummern 6100 (Eingliederung eines Klebebrackets) und 6140 (Eingliederung eines Teilbogens) in analoger Anwendung berechnet werden. Dies stellt das Bundesverwaltungsgericht klar.

Beihilfe für Lingualretainer abgelehnt

Der Kläger, ein Beamter des Landes Nordrhein-Westfalen, erhält für sich und seine berücksichtigungsfähigen Familienangehörigen Beihilfe zu den krankheitsbedingten Aufwendungen. Die Beihilfestelle lehnte die Bewilligung einer Beihilfe für die kieferorthopädische Behandlung seiner Tochter teilweise ab, weil die vom Kieferorthopäden angesetzten Gebühren für die Eingliederung eines festsitzenden, an der Zahninnenseite angeklebten Lingualretainers neben den sogenannten Kernpositionen für kieferorthopädische Maßnahmen nach Nr. 6030 bis Nr. 6080 Anlage 1 GOZ nicht vorgesehen seien. Der hiergegen erhobenen Klage hat das Oberverwaltungsgericht stattgegeben. Die Revision des beklagten Landes hatte Erfolg.

Beihilfe für notwendige kieferorthopädische Behandlungen

Beihilfe werde für notwendige kieferorthopädische Behandlungen in einem angemessenen Umfang gewährt. Aufwendungen hierfür seien angemessen, wenn sie nach Maßgabe der einschlägigen zivilrechtlichen Regelungen, hier der GOZ, vom behandelnden Zahnarzt in Rechnung gestellt werden durften. Sei dies in strittigen Auslegungsfragen weder im konkreten Fall noch sonst abschließend durch die Zivilgerichte geklärt und habe die Beihilfestelle vor Entstehen der Aufwendungen auf ihre Auslegung des Gebührenrechts hingewiesen, hätten die Verwaltungsgerichte dessen Anwendung stets selbst in vollem Umfang nachzuprüfen.

Vor allem Doppelberechnungsverbot maßgebend

Danach habe der Kläger keinen Anspruch auf Beihilfe für die Eingliederung eines festsitzenden Lingualretainers in analoger Anwendung der Nr. 6100 und Nr. 6140 Anlage 1 GOZ. Eine solche analoge Anwendung setze nach der GOZ voraus, dass sie in Bezug auf selbstständig berechenbare zahnärztliche Leistungen erfolgt (§ 6 Abs. 1 Satz 1 GOZ). Die Frage, ob eine Leistung, die gleichzeitig oder im Zusammenhang mit anderen Leistungen erbracht wird, selbstständig berechnungsfähig ist, beurteilt sich laut BVerwG auch im Rahmen einer analogen Anwendung von Gebührenvorschriften neben den Berechnungsbestimmungen des Gebührenverzeichnisses selbst vor allem nach Maßgabe des sogenannten Doppelberechnungsverbots (§ 4 Abs. 2 Satz 2 bis 4 GOZ).

Keine analoge Anwendung der Nr. 6100 und 6140 Anlage 1 GOZ

Hieran gemessen komme eine analoge Anwendung von Nr. 6100 und Nr. 6140 Anlage 1 GOZ für die Eingliederung eines festsitzenden Lingualretainers nicht in Betracht, weil jedenfalls diese Leistung eine besondere Ausführung von Maßnahmen zur Umformung des Kiefers beziehungsweise zur Einstellung des Kiefers in den Regelbiss einschließlich Retention (Nr. 6030 bis Nr. 6080 Anlage 1 GOZ) darstellt. Dies ergebe eine Auslegung nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Systematik der Regelungen.

BVerwG, Urteil vom 26.02.2021 - 5 C 7.19

Redaktion beck-aktuell, 1. März 2021.