BVerwG bestätigt Bremer Polizeigebühr für Hochrisiko-Fußballspiele

Für den besonderen Polizeiaufwand aus Anlass einer kommerziellen Hochrisiko-Veranstaltung darf grundsätzlich eine Gebühr erhoben werden. So entschied am 29.03.2019 das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig anlässlich einer Klage der Deutschen Fußball Liga GmbH gegen einen Gebührenbescheid der Stadt Bremen. Eine gewisse Unsicherheit über die entstehenden Gebühren sei der DFL zuzumuten, insbesondere, da eine hohe Gewinnerwartung mit der Ausrichtung der Spiele verbunden sei. Da zur Gebührenhöhe noch Fragen offen blieben, wies das Gericht die Sache an das zuständige OVG zurück.

Rechtlicher Hintergrund

Nach § 4 Abs. 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes wird von Veranstaltern einer gewinnorientierten Großveranstaltung unter bestimmten Umständen eine Gebühr erhoben. Vorausgesetzt werden erfahrungsgemäß zu erwartende Gewalthandlungen im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Veranstaltung, die den Einsatz zusätzlicher Polizeikräfte vorhersehbar erforderlich machen. Die Gebühr ist anhand näherer Maßgaben nach dem polizeilichen Mehraufwand zu berechnen.

Gebührenbescheid erging nach Bundesligaspiel Werder Bremen gegen HSV

Als Gebührenschuldnerin wurde hier die Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL GmbH) in Anspruch genommen, weil sie als Tochtergesellschaft das operative Geschäft des DFL e.V. führt, in dem die lizenzierten Vereine und Kapitalgesellschaften der Bundesliga und der 2. Bundesliga zusammengeschlossen sind. Mit der Klage wendete sich die DFL GmbH gegen einen Gebührenbescheid der Freien Hansestadt Bremen über etwa 425.000 Euro. Die Forderung betrifft einen mit erheblichen zusätzlichen Kräften geleisteten Polizeieinsatz anlässlich einer Begegnung der Fußball-Bundesliga am 19.04.2015 im Bremer Weser-Stadion zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV. Die Klägerin war rund drei Wochen vor dem Spiel darauf hingewiesen worden, dass am Spieltag nach den polizeilichen Lageerkenntnissen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zu rechnen sei.

Vorinstanzen waren sich nicht einig

Das Verwaltungsgericht Bremen (in BeckRS 2017, 110241) gab der Klage statt, weil der Gebührentatbestand zu unbestimmt sei. Dagegen hielt das Oberverwaltungsgericht (in NVwZ 2018, 913) die Regelung für verfassungsgemäß und wies auf dieser Grundlage die Klage gegen den Gebührenbescheid ab.

BVerwG bestätigt Gebührenbescheid

Das BVerwG bestätigte jetzt im Wesentlichen den Rechtsstandpunkt des Oberverwaltungsgerichts. Bei der Einführung einer Gebühr müsse der Gesetzgeber stets berücksichtigen, dass der Gebührenpflichtige zugleich auch Steuerzahler ist. Eine Gebühr bedürfe deshalb einer besonderen Rechtfertigung. Diese liege hier darin, dass die Polizei einen erheblichen Mehraufwand gerade aus Anlass einer kommerziellen Hochrisiko-Veranstaltung betreiben musste. Dieser zusätzliche Aufwand dürfe dem Veranstalter zugerechnet werden, denn dieser sei für den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung auf die zusätzliche Polizeipräsenz angewiesen. Der Veranstalter werde nicht etwa als Veranlasser einer Störung der öffentlichen Sicherheit in Anspruch genommen, sondern vielmehr als Nutznießer einer besonders aufwendigen polizeilichen Sicherheitsvorsorge.

Unsicherheit über Gebührenhöhe in zumutbarem Rahmen

Unsicherheiten, die wegen der auslegungsbedürftigen Voraussetzungen des Gebührentatbestandes und insbesondere im Hinblick auf die Höhe des polizeilichen Mehraufwandes und damit der Gebühr bestehen, hätten kein unzumutbares Ausmaß erreicht. Das gelte vor allem deshalb, weil das Gesetz an "erfahrungsgemäß" zu erwartende Gewalthandlungen anknüpfe. Für den Fußball verfügten sowohl die Polizei als auch die Veranstalter über einschlägige Erfahrungen. Soweit es in anderen Bereichen noch keine ausreichenden Erfahrungen gebe, dürfe nach dem Gesetz auch keine Gebühr erhoben werden. Außerdem habe der Gebührenschuldner Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle. Die Polizei müsse also den von ihr betriebenen Aufwand nachträglich rechtfertigen.

Gebühr angesichts zu erwartenden Gewinns aus Veranstaltung auch verhältnismäßig

Die Gebühr sei auch nicht unverhältnismäßig, obwohl sie eine beträchtliche Höhe erreichen könne, so das BVerwG weiter. Der Gesetzgeber knüpfe ausschließlich an gewinnorientierte Veranstaltungen an. Damit stehe die Gebühr regelmäßig in einer angemessenen Relation zu dem wirtschaftlichen Ergebnis, das der Veranstalter - auch dank des verstärkten Polizeieinsatzes - erzielen kann.

DFL auch richtiger Adressat

Die Beklagte durfte statt des Heimvereins Werder Bremen die DFL GmbH auf Zahlung der Gebühr in Anspruch nehmen. Aufgrund der Zusammenarbeit beider Akteure im Rahmen des Wettbewerbs Bundesliga sei die DFL GmbH als Mitveranstalter des betreffenden Fußballspiels anzusehen. Den internen Ausgleich habe die Beklagte den Beteiligten überlassen dürfen.

Tatsachenfragen zur Gebührenhöhe noch zu klären

Weiteren Klärungsbedarf gebe es aber noch bei der Frage, ob und inwieweit bestimmte Kosten - insbesondere für die nicht unerhebliche Zahl polizeilicher Ingewahrsamnahmen anlässlich des fraglichen Fußballspiels - vorrangig gegenüber einzelnen Störern geltend zu machen waren. Dabei gehe es um die Auslegung des Bremischen Landesrechts sowie um die Feststellung von Tatsachen. Da das Bundesverwaltungsgericht dazu nicht berufen ist, hat es das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Seehofer will Begründung abwarten

Bundesinnenminister Horst Seehofer will die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Beteiligung der Fußballvereine an den Kosten für Polizeieinsätze zunächst nicht bewerten. "Bei Urteilen ist es oft notwendig, dass man nicht nur die Entscheidung kennt, sondern auch die Begründung", sagte der auch für den Sport zuständige CSU-Politiker am 29.03.2019 am Rande seiner Deutschlandreise im sachsen-anhaltischen Bernburg. Das wolle er sich zunächst anschauen, ehe er die Bedeutung und die Folgen der Entscheidung bewerte.

BVerwG, Urteil vom 29.03.2019 - 9 C 4.18

Redaktion beck-aktuell, 29. März 2019.