Einbehaltung des Ruhegehalts nach Leugnen der Existenz der BRD

Einem früheren Soldaten, der die Existenz der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land geleug­net haben soll, kann während eines Disziplinarverfahrens das Ruhegehalt teilweise einbehalten werden. Durch sein Verhalten kann er laut Bundesverwaltungsgericht seine nachwirkende soldatische Pflicht verletzt haben, sich nicht gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu betätigen. Die Bundesrepublik als sein Dienstherr dürfe auch weiterhin seine grundsätzliche politische Loyalität verlangen.

Ehemalige Soldatin mit verfassungsfeindlicher Gesinnung

Eine frühere Soldatin wehrte sich gegen die Verfügung des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr, wegen Verstoßes gegen die die nachwirkende politische Treuepflicht 30% ihres Ruhegehalts einzubehalten. Die ehemalige Oberfeldärztin war 2018 in den Ruhestand getreten. Die Bundesbehörde hatte im August 2021 ein gerichtliches Disziplinarverfahren gegen sie eingeleitet und zugleich die Einbehaltung angeordnet. Ihren Antrag, sie aufzuheben, wies das Amt zurück. Im März 2022 war die frühere Soldatin angeschuldigt worden, nach ihrem Ausscheiden aus dem Wehrdienst ihre Dienstpflichten vorsätzlich verletzt zu haben, indem sie dem Finanzamt schrieb, künftig keine Steuern mehr zahlen zu wollen. Zudem habe sie vom Oberbürgermeister "Souveränität für ein unabhängiges Gebiet, das sie in Selbstverwaltung führen möchte" gefordert. Dies habe sie auch bei einem freiwilligen Gespräch mit er Polizei im März 2021 im Treppenhaus ihres Wohnhauses angedeutet. Bei der Anhörung habe sie einen Artikel mit der Überschrift "BRD hat ungültiges Wahlgesetz" übergeben.

Truppendienstgericht Süd hebt Anordnung auf

Das Truppendienstgericht Süd (München) hob die Einbehaltensanordnung und den Beschwerdebescheid auf. Die Anordnung lege nicht dar, warum das vorgeworfene Verhalten gegen die nachwirkenden soldatischen Pflichten derart verstoßen solle, dass höchstwahrscheinlich das Ruhegehalt aberkannt werden müsse. Dagegen wandte sich die Wehrdisziplinaranwaltschaft mit der Beschwerde. Das Truppendienstgericht legte die Sache dem BVerwG vor und setzte zugleich das disziplinargerichtliche Verfahren aus. Die Ermittlungsbehörde bekam beim BVerwG Recht.

Verstoß gegen nachwirkende soldatische Treuepflicht

Dem 2. Wehrdienstsenat zufolge hat das Truppendienstgericht Süd die Einbehaltensanordnung und den Beschwerdebescheid zu Unrecht aufgehoben. Das Bundesamt sei beim Ausgangsbescheid noch den Mindest-Begründungserfordernissen nach § 126 Abs. 3 WDO gerecht geworden. Die von der früheren Soldatin nicht bestrittenen Äußerungen begründeten einen hinreichenden Verdacht eines Verstoßes gegen die nachwirkende politische Treuepflicht nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 SG. Danach dürfe die Bundesrepublik als ihr Dienstherr von ihr auch nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst weiterhin politische Loyalität verlangen. Ihre Äußerungen sprächen – ungeachtet ihrer politischen Zuordnung zur rechtsextremen Szene – jedenfalls für ein staatsnegierendes Verständnis. Die Vorwürfe der Einleitungsverfügung und der Anschuldigungsschrift seien insofern ausreichend, um von einer Verhängung der Höchstmaßnahme auszugehen.

BVerwG, Beschluss vom 29.06.2022 - 2 WDB 3.22

Redaktion beck-aktuell, 19. Oktober 2022.