Zwei islamische Dachverbände fordern Einführung islamischen Religionsunterrichts an Schulen
Die Kläger sind islamische Dachverbände in der Rechtsform des eingetragenen Vereins. Ihre Mitglieder sind Moscheegemeinden sowie islamische Verbände und Vereine. Ihre Klagen mit dem Ziel, das Land Nordrhein-Westfalen zu verpflichten, an den öffentlichen Schulen islamischen Religionsunterricht einzurichten, blieben in den Vorinstanzen ohne Erfolg.
OVG sah Kläger nicht als Religionsgemeinschaften an
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen sind die Kläger keine Religionsgemeinschaften im Sinne des Grundgesetzes, weil sie keine Lehrautorität in religiösen Fragen wahrnehmen. Lehrmeinungen des Gelehrtenrats des Klägers zu 1. hätten nur empfehlenden Charakter. Beide Kläger äußerten sich nicht in zentralen Konfliktfragen des Islam in Deutschland wie dem Verhältnis von Grundgesetz und Scharia, der Stellung der Frauen und der religiösen Toleranz.
BVerwG hebt Berufungsurteil auf
Das Bundesverwaltungsgericht hat jetzt auf die Nichtzulassungsbeschwerden der Kläger das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses habe die prozessuale Bindung an die tragenden rechtlichen Erwägungen des ersten in dieser Sache ergangenen Revisionsurteils des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2005 nicht hinreichend beachtet (Az.: 6 C 2.04, BeckRS 2005, 26490). Religionsgemeinschaften hätten nach Art. 7 Abs. 3 GG Anspruch darauf, dass der Schulträger nach ihren Glaubensgrundsätzen Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach an öffentlichen Schulen einrichtet.
Dachverbände können Religionsgemeinschaften sein
Das BVerwG habe in dem ersten Revisionsurteil entschieden, dass Dachverbände wie die Kläger Religionsgemeinschaften seien, wenn sie über Kompetenz und Autorität in Fragen der religiösen Lehre verfügten. Dies betreffe die Glaubensinhalte des religiösen Bekenntnisses, die sich daraus ergebenden Verhaltensanforderungen für die religiös Verantwortlichen und die Gläubigen sowie die Ausübung des Kults. Lehrautorität setze voraus, dass sie mit einer gewissen Kontinuität ausgeübt werde und die Lehrmeinungen Gewicht hätten, sodass sich die religiös Verantwortlichen und die Gläubigen daran orientierten.
Anspruch auf Religionsunterricht aber nur für verfassungstreue Religionsgemeinschaften
Ein verbindliches Lehramt sei nicht erforderlich, so das Gericht weiter. Dessen Einrichtung hänge vom Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft ab. Auch einer Religionsgemeinschaft stehe der Anspruch nach Art. 7 Abs. 3 GG nur zu, wenn sie Gewähr biete, die Verfassungsordnung des Grundgesetzes, insbesondere die Grundrechte und die freiheitliche Verfassung des Staatskirchenrechts, zu respektieren.
OVG muss Sachverhalt unter Beachtung der Rechtsprechung des BVerwG weiter aufklären
Das OVG habe diese bindenden Maßgaben nicht beachtet, weil es die Eigenschaft als Religionsgemeinschaft von einem verbindlichen Lehramt in religiösen Fragen und der Abgabe von Stellungnahmen in Fragen des Verhältnisses von Staat und Religion abhängig gemacht habe. Der zweite Gesichtspunkt betreffe die Respektierung der Verfassungsordnung durch eine bestehende Religionsgemeinschaft. Das OVG müsse die Tätigkeit der Kläger in Fragen der religiösen Lehre und deren Bedeutung für religiös Verantwortliche und Gläubige weiter aufzuklären. Stelle es fest, dass die Kläger über Lehrautorität verfügen und auch die weiteren Voraussetzungen für eine Religionsgemeinschaft erfüllt sind, werde es der Frage der Respektierung der Verfassungsordnung nachzugehen haben.