Doppelmord als Privatsache? Beamter kämpft vor BVerwG um Ruhegehalt
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Ein Beamter, der auf Teneriffa seine Ehefrau und eines seiner Kinder getötet hatte, bezieht weiterhin ein Ruhegehalt. Muss der Staat ihn weiter alimentieren? Das soll jetzt das BVerwG klären.

Am Donnerstag geht es vor dem BVerwG unter dem Aktenzeichen 2 C 13.24 um einen ungewöhnlichen Fall. Nicht etwa, weil ein Ruhestandsbeamter dort gegen die Aberkennung seines Ruhegehalts klagt, sondern weil es sich bei diesem um einen verurteilten Doppelmörder handelt, den der Staat als ehemaligen Diener offenbar nicht mehr loswird. Es geht in dem Rechtsstreit also auch um die Frage, was man nach einem Arbeitsleben im Beamtenverhältnis eigentlich tun muss, um seine Privilegien doch noch zu verlieren.

Der Mann aus Wittenberg ist seit 2002 Beamter auf Lebenszeit und stand zuletzt im Dienst der Bundesagentur für Arbeit. Dort bezog der Verwaltungsamtsmann eine A11-Besoldung. 2011 wurde der Beamte mit Mitte dreißig aufgrund eines Rückenleidens dauerhaft dienstunfähig. Seine Dienstherrin versetzte ihn daraufhin in den vorzeitigen Ruhestand.

Im Ruhestand tötete der Mann 2019 auf Teneriffa seine von ihm getrenntlebende Ehefrau und einen der gemeinsamen Söhne. Sein jüngerer Sohn konnte entkommen. Ein spanisches Gericht verurteilte den Familienvater drei Jahre später wegen zweifachen Mordes und versuchten Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe sowie weiteren Haftstrafen von 23 und 16 Jahren. Das nahm die Bundesagentur für Arbeit zum Anlass, um eine Disziplinarklage gegen den Mann zu erheben, der seit seiner Verurteilung in Spanien in Haft sitzt. Das Ziel der Klage: Die Aberkennung seines Ruhegehalts, das er trotz seiner Inhaftierung weiterhin monatlich bezieht.

Instanzgerichte: Private Motivation ohne politischen Bezug

Allerdings scheiterte die Behörde sowohl vor dem VG Magdeburg (VG 15A 31/22) als auch vor dem OVG Magdeburg (OVG 11 L 1/23). Beide Gerichte lehnten die Aberkennung des Ruhegehalts gemäß § 12  Bundesdisziplinargesetz (BDG) ab. Das Bundesbeamtengesetz (BBG) sehe in § 77 Abs. 2 eine abschließende Liste an Gründen vor, die eine Aberkennung rechtfertigten. Die hier einzig in Betracht kommende Nr. 1 – ein Verstoß gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung – sei aber nicht einschlägig.

Zur Begründung führten die Gerichte an, der Doppelmord und der Mordversuch seien nicht gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet gewesen. Es handele sich vielmehr um "auf rein privaten Motiven beruhende Straftaten" ohne jeglichen politischen Bezug. Zwar umfasse die freiheitlich demokratische Grundordnung auch die Menschenrechte und mithin das Recht auf Leben. Die Verletzung fundamentaler Grundrechte einzelner Menschen genüge jedoch nicht für einen Verstoß. Dies gelte selbst dann, wenn es sich um eine besonders verwerfliche Straftat bzw. einen Femizid handele.

Menschen ermorden ja, Existenz der Bundesrepublik leugnen nein

Für diese Auslegung spreche bereits der Vergleich mit § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BBG. Dieser stelle darauf ab, dass der Ruhestandsbeamte an Bestrebungen teilnehme, die darauf abzielten, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. Zudem wolle der Gesetzgeber über das Dienstzeitende hinaus nur besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen sanktionieren.

Auch das Argument, es "könne wertungsmäßig nicht sein, dass ein Ruhestandsbeamter zwar unzweifelhaft ein Dienstvergehen begehe, wenn er die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugne, aber nicht, wenn er Menschen ermorde", ließen die Gerichte nicht gelten. Eine auf das Strafmaß bezogene Regelung enthalte allein § 41 BBG für aktive Beamte sowie § 59 BeamtVG für Ruhestandsbeamte im Hinblick auf das Versorgungsrecht. Eine bewusste Regelungslücke konnten die Gerichte ebenfalls nicht erkennen. Der Gesetzgeber habe bewusst nur bestimmte Verhaltensweisen und Tatbestände von Ruhestandsbeamtinnen und -beamten disziplinarrechtlich erfassen wollen.

Jetzt ist das BVerwG am Zug und muss im Rahmen der Revision der Bundesagentur für Arbeit endgültig über den Fall entscheiden.

OVG Magdeburg, Urteil vom 23.01.2024 - OVG 11 L 1/23

Redaktion beck-aktuell, jss, 2. September 2025.

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