BVer­wG: Bu­shi­dos Album "Sonny Black" zu Recht als ju­gend­ge­fähr­dend ein­ge­stuft

Die Bun­des­prüf­stel­le für ju­gend­ge­fähr­den­de Me­di­en hat das Album "Sonny Black" des Rap­pers Bu­shi­do zu Recht als ju­gend­ge­fähr­dend ein­ge­stuft. Dies hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt mit Ur­teil vom 30.10.2019 ent­schie­den. "Die hem­mungs­lo­se Ge­walt­dar­stel­lung zieht sich durch die Titel", er­klär­te Rich­ter Tho­mas Heitz. Frau­en und Ho­mo­se­xu­el­le wür­den durch "vul­gä­re Spra­che" her­ab­ge­wür­digt (Az.: 6 C 18.18).

Bu­shi­do will In­di­zie­run­gen künf­tig ver­mei­den

Es sei schwie­rig mit der Rap­per-Spra­che in einer "kom­plett an­de­ren Ab­tei­lung auf Ver­ständ­nis zu sto­ßen", sagte Bu­shi­do nach der Ver­hand­lung. Er sei "ab­ge­schmiert auf gan­zer Linie", al­ler­dings habe er sich auch keine gro­ßen Hoff­nun­gen ge­macht. Er wolle künf­tig we­ni­ger Grün­de für In­di­zie­run­gen lie­fern, sagt Bu­shi­do. "Ich möch­te dar­auf auf­merk­sam ma­chen, dass ich nicht frau­en- und schwu­len­feind­lich bin", so der Rap­per.

Album seit 2015 auf dem Index

Seit 2015 darf sein Album "Sonny Black" nicht an Kin­der und Ju­gend­li­che ver­kauft wer­den. Da­mals lan­de­te es auf dem Index der Bun­des­prüf­stel­le für ju­gend­ge­fähr­den­de Me­di­en. Die Be­hör­de be­fand, die Titel ver­herr­lich­ten Ge­walt und einen kri­mi­nel­len Le­bens­stil, dif­fa­mier­ten Frau­en und Ho­mo­se­xu­el­le. Der Ber­li­ner Rap­per klag­te gegen den Lis­ten­ein­trag, das Ver­wal­tungs­ge­richt Köln wies die Klage ab. Im Be­ru­fungs­ver­fah­ren ent­schied das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Müns­ter für Bu­shi­do. Dar­auf­hin reich­te die Bun­des­prüf­stel­le Re­vi­si­on ein.

In­di­zie­rung von Trä­ger­me­di­en noch zeit­ge­mäß?

Die Rich­ter des BVer­wG be­schäf­tig­ten sich auch mit der Frage, ob die In­di­zie­rung von Trä­ger­me­di­en, also von CDs, Fil­men und Bü­chern, über­haupt noch zeit­ge­mäß ist. "Schon in den 1980er Jah­ren hat die In­di­zie­rung nicht funk­tio­niert, heute, im di­gi­ta­len Zeit­al­ter, ist das ein Witz", sagt Marc Urlen vom Deut­schen Ju­gend­in­sti­tut im In­ter­view der Deut­schen Pres­se-Agen­tur. Statt vor­zu­ge­ben, was für Kin­der und Ju­gend­li­che ge­eig­net sei, for­dert er mehr Me­di­en­kom­pe­tenz.

Ju­gend­for­scher: Mehr Me­di­en­kom­pe­tenz statt Ta­bui­sie­rung

"Kin­der und Ju­gend­li­che müs­sen von klein auf ler­nen, mit An­ge­bo­ten der Me­di­en kri­tisch um­zu­ge­hen", so Urlen. Dazu ge­hö­re auch, zu hin­ter­fra­gen, wel­ches An­lie­gen Bu­shi­do mit sei­nem Album ver­fol­ge, wel­chen Nut­zen der Rap­per aus einer Skan­da­li­sie­rung ziehe. "Wenn die Bun­des­prüf­stel­le ein Me­di­um auf den Index setzt, er­hält die­ses viel mehr Auf­merk­sam­keit", sagte Urlen. Durch eine Ta­bui­sie­rung werde ein Da­ten­trä­ger für die ju­gend­li­che Ziel­grup­pe erst recht in­ter­es­sant.

Bu­shi­dos An­walt plä­dier­te für In­di­zie­rung nur ein­zel­ner Titel

Bu­shi­dos An­walt Mirko Lenz sprach sich in der Ver­hand­lung vor dem BVer­wG für die In­di­zie­rung ein­zel­ner Titel an­stel­le gan­zer Alben aus. Die Zeit von Kas­set­te und CD sei vor­bei, im In­ter­net sei das Ver­hal­ten der Hörer ein an­de­res: "Nicht das Ge­samt­kunst­werk wird ge­streamt, nur der Ein­zel­ti­tel", sagte Lenz.

Bun­des­prüf­stel­le: In­ter­net er­schwert Ju­gend­schutz er­heb­lich

"Tat­säch­lich ist es so, dass die gro­ßen Strea­ming­diens­te wie Ama­zon und Spo­ti­fy die In­di­zie­rung be­ach­ten", ent­geg­ne­te Frank Höl­scher, der die Bun­des­prüf­stel­le vor Ge­richt ver­trat. Er räum­te aber ein, dass das In­ter­net den Ju­gend­schutz "er­heb­lich er­schwert", so Höl­scher mit Blick auf Platt­for­men wie You­tube, auf denen für Min­der­jäh­ri­ge ge­sperr­te Titel frei zu­gäng­lich hoch­ge­la­den wer­den. Lägen kri­ti­sche Filme oder Songs etwa auf aus­län­di­schen Ser­vern, sei der Hand­lungs­spiel­raum deut­scher Be­hör­den zudem be­grenzt.

Un­ter­schied­li­che Re­ge­lun­gen für di­gi­ta­le und phy­si­sche Me­di­en

Hinzu komme, dass die ge­setz­li­chen Zu­stän­dig­kei­ten un­ter­schied­li­che sind, je nach­dem ob ein Me­di­um di­gi­tal oder "phy­sisch" ist. So re­ge­le bei Te­le­me­di­en der Ju­gend­me­di­en­schutz-Staats­ver­trag der Län­der das Vor­ge­hen nach der In­di­zie­rung durch die Bun­des­prüf­stel­le. Bei Com­pu­ter­spie­len, Bü­chern, Fil­men und CDs gelte das Ju­gend­schutz­ge­setz. Die In­di­zie­rung von Trä­ger­me­di­en werde ver­öf­fent­licht, für ju­gend­ge­fähr­dend be­fun­de­ne di­gi­ta­le In­hal­te wür­den nicht be­kannt ge­macht. In­di­zier­te Me­di­en dür­fen nicht an Kin­der und Ju­gend­li­che ver­brei­tet wer­den, au­ßer­dem darf nicht für sie ge­wor­ben wer­den.

BVerwG, Urteil vom 30.10.2019 - 6 C 18.18

Redaktion beck-aktuell, Theresa Held, 31. Oktober 2019 (dpa).

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