Beweiswirkung elektronischen Empfangsbekenntnisses
Rechtsanwalt_adobe_CR_ Ingo Bartussek
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Auch das von einem Rechtsanwalt elektronisch abgegebene Empfangsbekenntnis erbringt gegenüber dem Gericht den vollen Beweis der Zustellung. Laut Bundesverwaltungsgericht muss die Identität des zugestellten Schreibens sowohl für den abgebenden Juristen als auch für das Gericht außer Zweifel stehen. Dabei stellt der vom Anwalt an das Gericht übersandte Datensatz das eigentliche Empfangsbekenntnis dar. 

Anwalt bestreitet Zustellung des Berufungszulassungsbeschlusses

Der Kläger wandte sich gegen Kostenforderungen des Beklagten. Seine Anfechtungsklage scheiterte beim Verwaltungsgericht Chemnitz. Das Oberverwaltungsgericht Sachsen in Bautzen ließ die Berufung mit Beschluss vom 17.08.2021 wegen eines Verfahrensfehlers zu und setzte am 26.08.2021 den vorläufigen Streitwert fest. Die Beschlüsse wurden dem Bevollmächtigten des Klägers jeweils übermittelt – verbunden mit einem elektronischen Empfangsbekenntnis (eEB). Bei Gericht ging dieses für den Zulassungsbeschluss am 27.08.2021 ein, aber es folgte weder eine Berufungsbegründung noch ein Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist. Auf die Ankündigung des OVG, die Berufung verwerfen zu wollen, teilte der Anwalt mit, er habe das Empfangsbekenntnis für den Beschluss über die Festsetzung des vorläufigen Streitwerts abgegeben. Der Berufungszulassungsbeschluss sei ihm nicht zugestellt worden. Gleichwohl verwarf das OVG das Rechtsmittel und gewährte keine Wiedereinsetzung. Das vom Advokaten abgegebene elektronische Empfangsbekenntnis beweise die Zustellung des Zulassungsbeschlusses am 27.08.2021. Die Beweiswirkung sei unter Berücksichtigung des Prüfvermerks, der Eingangsbestätigung und der dem elektronischen Dokument bei der Übermittlung beigefügten so genannten XJustiz-Nachricht (zu den technischen Zusammenhängen siehe ausführlich den Beschluss des BVerwG vom 19.09.2022, Az.: 9 B 2.22), nicht entkräftet. Dagegen legte der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde beim BVerwG ein – ohne Erfolg.

Anwaltlich übersandter "strukturierter" Datensatz entscheidend

Den Leipziger Richtern zufolge ist die Beweiswirkung eines von einem Rechtsanwalt abgegebenen Empfangsbekenntnisses bereits geklärt. Wie das herkömmliche papiergebundene Schreiben erbringe auch das von einem Anwalt elektronisch abgegebene Dokument gegenüber dem Gericht den vollen Beweis für die Entgegennahme des Dokuments als zugestellt. Dies ergebe sich aus der gesetzlichen Beweisregelung in § 173 Abs. 3 Satz 1 ZPO (§ 174 Abs. 4 Satz 3 ZPO a.F.) in Verbindung mit § 56 Abs. 2 VwGO. Das vom Anwalt des Klägers abgegebene Empfangsbekenntnis habe zweifelsfrei erkennen lassen, wofür es abgegeben worden sei. Der dem Gericht übermittelte strukturierte Datensatz habe sich auf die Nachrichten-ID der mit der Empfangsbekenntnisanforderung verbundenen Nachricht bezogen. So enthalte die vom Juristen vorgelegte Ansicht des Zugangsdokuments in seiner Anwaltssoftware Datum und Identifikationsnummer der Nachricht. Abgebildet sei zudem die XML-Struktur der signierten Nachricht, aus der sich ebenfalls Erstellungszeitpunkt und Nachrichten-ID ergäben. Diese Identifikationsnummer sei – wie vom OVG zutreffend festgestellt – den XJustiz-Nachrichten der elektronischen Übermittlung des Zulassungsbeschlusses zuzuordnen. Aus diesen Informationen hätte der Anwalt dem BVerwG zufolge erkennen können, dass die mit dem Empfangsbekenntnis beantwortete Nachricht des Gerichts vom 25.08.2021 stammte und sich schon deshalb nicht auf den erst am 26.08.2021 gefassten Streitwertbeschluss beziehen konnte.

BVerwG , Beschluss vom 19.09.2022 - 9 B 2.22

Redaktion beck-aktuell, 30. November 2022.