Apotheke gab Gutscheine für Geschenkpapier und Kuschelsocken zur Verwendung bei Rezepteinlösung heraus
Die Klägerin ist Inhaberin einer Apotheke im Bezirk der beklagten Apothekerkammer. Im November 2013 und im Januar 2014 gab sie Werbeflyer mit Gutscheinen heraus, die bei Abgabe eines Rezeptes gegen eine Rolle Geschenkpapier beziehungsweise ein Paar Kuschelsocken eingelöst werden konnten. Die Beklagte untersagte ihr daraufhin durch Ordnungsverfügung, “gekoppelt mit dem Erwerb von verschreibungspflichtigen und/oder sonstigen preisgebundenen Arzneimitteln Vorteile wie eine Rolle Geschenkpapier, ein Paar Kuschelsocken oder Gutscheine hierfür zu gewähren oder gewähren zu lassen sowie dafür zu werben oder werben zu lassen“.
Klagen gegen die Untersagung waren erfolglos
Zur Begründung verwies sie auf ihre Berufsordnung, die es den Apothekerinnen und Apothekern verbiete, preisgebundene Arzneimittel unter Gewährung von Rabatten oder sonstigen geldwerten Vorteilen an ihre Kunden abzugeben. Die dagegen gerichtete Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg.
BVerwG bestätigt Vorinstanzen – Klägerin verstößt gegen arzneimittelrechtliche Preisbindung
Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr auch die Revision der Klägerin zurückgewiesen und die vorinstanzliche Entscheidung bestätigt. Die Klägerin verstoße, indem sie ihren Kunden für den Erwerb eines rezeptpflichtigen Arzneimittels eine Sachzuwendung verspreche und gewähre, gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung. Gemäß § 78 des Arzneimittelgesetzes sei insbesondere für verschreibungspflichtige Arzneimittel ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten. Die Einzelheiten der Preisberechnung seien in der Arzneimittelpreisverordnung geregelt.
EuGH-Preisbindungsverbot gilt nicht für inländische Präsenzapotheken
Gegen die Verfassungsmäßigkeit der arzneimittelrechtlichen Preisbindungsvorschriften bestünden auch unter Berücksichtigung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 19.10.2016 (Az.:C-148/15, BeckRS 2016, 82517) keine durchgreifenden Bedenken. Der Gerichtshof habe entschieden, dass die Festlegung eines einheitlichen Apothekenabgabepreises für verschreibungspflichtige Arzneimittel eine unzulässige Beschränkung des freien Warenverkehrs darstelle. Seit dieser Entscheidung sei aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts das deutsche Arzneimittelpreisrecht nicht auf Versandapotheken mit Sitz im EU-Ausland anwendbar. Diese könnten daher im Fall des Versands an Kunden in Deutschland Rabatte und Boni auf verschreibungspflichtige Arzneimittel gewähren. Hierdurch würden die inländischen Apotheken, für die die Arzneimittelpreisbindungsvorschriften weiterhin gelten, nicht in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit verletzt.
Preisbindung inländischen Apotheken weiterhin zumutbar
Die gesetzlichen Regelungen über die Preisbindung dienten vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls. Sie seien geeignet, einen Preiswettbewerb zwischen den inländischen Apotheken zu verhindern und so das Ziel des Gesetzgebers zu fördern, eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Die Preisbindung erweise sich auch nicht wegen ihrer Nichtgeltung für ausländische EU-Versandapotheken als unverhältnismäßig. Angesichts des bislang geringen Marktanteils der ausländischen Arzneimittelversender an der Abgabe von rezeptpflichtigen Arzneimitteln in Deutschland sei die Preisbindung für die inländischen Apotheken weiterhin zumutbar.