Entscheidung basiert auf Gefährder-Paragraf
Das Ministerium hatte im Oktober 2017 die Abschiebung des 1989 in Deutschland geborenen türkischen Staatsangehörigen gemäß § 58a AufenthG angeordnet. Nachdem ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz keinen Erfolg gehabt hatte, wurde er Ende Januar 2018 in die Türkei abgeschoben. Das bei Abschiebungsanordnungen nach § 58a AufenthG in erster und letzter Instanz zuständige BVerwG hat die Anordnung auch im Klageverfahren als rechtmäßig bestätigt.
BVerwG geht von Bedrohungslage aus
Nach § 58a AufenthG kann ein Ausländer zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorherige Ausweisung abgeschoben werden. Für die hierfür erforderliche, auf Tatsachen gestützte Gefahrenprognose bedarf es einer Bedrohungslage, bei der sich das vom Ausländer ausgehende Risiko einer sicherheitsgefährdenden oder terroristischen Tat jederzeit aktualisieren und in eine konkrete Gefahr umschlagen kann. Diese Voraussetzungen sieht das BVerwG im Fall des Klägers auch nach neuerlicher Überprüfung auf der Grundlage einer Gesamtschau vielfältiger Anhaltspunkte und Indizien als erfüllt an.
Umfangreiche Kontakte zu anderen Islamisten und Waffenbesitz
Der Kläger habe seit längerem der radikal-islamistischen Szene in Deutschland angehört, offen mit der terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat" sympathisiert und umfangreiche Kontakte zu anderen Islamisten unterhalten. Auf seinen Smartphones sei eine Vielzahl von Mediendateien mit gewaltverherrlichenden, menschenverachtenden Inhalten gespeichert gewesen. Mit eigenen Beiträgen in sozialen Medien habe er aktiv zur Radikalisierung anderer Nutzer beigetragen, so das BVerwG. Ein weiterer Hinweis auf eine erhebliche Gewaltbereitschaft war nach Auffassung des Gerichts darin zu sehen, dass der Kläger immer wieder Waffen verschiedenster Art mit sich führte und zu Hause aufbewahrte.
Keine Gefahr für Kläger in Türkei
Abschiebungsverbote standen der Abschiebung nach dem jetzt ergangenen Urteil nicht entgegen. Das BVerwG hat an seiner im vorläufigen Rechtsschutzverfahren getroffenen Einschätzung festgehalten, dass dem Kläger in der Türkei im Zeitpunkt der Abschiebung insbesondere keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Art. 3 EMRK) gedroht habe. Es sei nicht beachtlich wahrscheinlich gewesen, dass er in der Türkei wegen der in Deutschland gegen ihn – auch in einem Strafverfahren – erhobenen Vorwürfe inhaftiert werden würde. Auch sei nicht davon auszugehen gewesen, dass ihm eine Bestrafung wegen beabsichtigter, in der Türkei nicht vorgesehener Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen drohen würde. Die Absicht einer Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen sei unter den vorgenannten Umständen schon nicht glaubhaft gewesen, befand das BVerwG.