BVerwG bestätigt mögliches Nutzungsverbot für illegal gebauten Radweg in FFH-Gebiet

Wird ein Radweg ohne die erforderliche Genehmigung in einem FFH-Gebiet gebaut, kann eine Umweltvereinigung unter Umständen ein Nutzungsverbot erzwingen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 01.06.2017 entschieden und den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Da im zugrundeliegenden Fall ein bereits vorhandener Verkehrsweg überbaut wurde, sei zu klären, ob es über den abgeschlossenen baulichen Eingriff hinaus zu einer nutzungsbedingten Verschlechterung des Naturraums kommen kann (Az.: 9 C 2.16).

Planfeststellungsverfahren erst nachträglich eingeleitet

Der Kläger, eine in Sachsen anerkannte Umweltvereinigung, verlangt von dem beklagten Vogtlandkreis, zum Schutz eines FFH-Gebietes die Nutzung eines Radweges zu unterbinden. Der teilweise noch im Ausbau befindliche Elster-Radweg führt von der Elsterquelle in Tschechien bis zur Leipziger Tieflandsbucht. Der hier streitgegenständliche Unterabschnitt bei Adorf, der auf einem schon früher vorhandenen Weg liegt, verläuft durch das FFH-Gebiet "Elstertal oberhalb Plauen". Zu dessen Schutzzielen gehört unter anderem die Erhaltung überwiegend naturnaher Fließgewässerabschnitte sowie die Bewahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands verschiedener Tier- und Pflanzenarten. Der Bau des umstrittenen Unterabschnitts wurde 2013 ohne das vorgeschriebene Planfeststellungsverfahren begonnen und während des Klageverfahrens beendet. Die Landesdirektion Sachsen leitete auf Antrag des Beklagten nachträglich ein Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung ein, das noch nicht abgeschlossen ist.

Vorinstanzen entschieden zugunsten der Klägerin

Das Verwaltungsgericht Chemnitz hat auf das entsprechende Anerkenntnis des beklagten Landkreises festgestellt, dass der Bau rechtswidrig war. Auf Antrag der klagenden Umweltvereinigung verurteilte es den Beklagten darüber hinaus, die Nutzung des Radweges in dem fraglichen Unterabschnitt bis zum Abschluss eines Planfeststellungsverfahrens zu unterbinden. In diesem allein noch strittigen Punkt bestätigte das Sächsische OVG die Vorinstanz.

Ermessen kann sich zu Rechtspflicht verdichten

Eine Umweltvereinigung könne nicht nur die Feststellung verlangen, dass der Bau eines Verkehrsweges rechtswidrig ist, sondern auch eine Entscheidung darüber, ob seine Nutzung bis zu einer etwaigen nachträglichen Zulassung unterbunden oder eingeschränkt wird, urteilte jetzt das BVerwG. Diese Entscheidung stehe grundsätzlich im Ermessen der zuständigen Behörde. Bei einem schwerwiegenden Verstoß könne sich das Ermessen aber zu einer Rechtspflicht verdichten.

Überbauung des bisherigen Verkehrswegs muss berücksichtigt werden

Hier bestehe allerdings die Besonderheit, dass ein bereits vorhandener Verkehrsweg überbaut worden ist. Unter diesen Umständen müsse geprüft werden, ob es über den abgeschlossenen baulichen Eingriff hinaus zu einer nutzungsbedingten Verschlechterung des Naturraums kommen kann. Bejahendenfalls sei die Nutzungsuntersagung bis zum Abschluss des Planfeststellungsverfahrens in der Regel unausweichlich. Sei dagegen eine nutzungsbedingte Verschlechterung nicht zu befürchten, bedarf es einer Abwägung, in die neben der Schwere und Dauer des Verstoßes insbesondere auch die Belange der Nutzer des in dem FFH-Gebiet schon bisher vorhandenen Verkehrsweges einzustellen sind. Die hierfür notwendigen Feststellungen muss das OVG jetzt noch treffen.

BVerwG, Urteil vom 01.06.2017 - 9 C 2.16

Redaktion beck-aktuell, 2. Juni 2017.

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