Land Berlin legte 2018 drei zusätzliche verkaufsoffene Sonntage fest
Die Senatsverwaltung des Landes Berlin hatte per Allgemeinverfügung für das erste Halbjahr 2018 drei verkaufsoffene Sonntage festgelegt, an denen alle Verkaufsstellen im Land Berlin in der Zeit von 13 Uhr bis 20 Uhr geöffnet sein durften. Am ersten Sonntag fanden in Berlin die Internationale Grüne Woche und das Berliner Sechstagerennen statt, an den beiden weiteren die Internationalen Filmfestspiele (Berlinale) sowie die Internationale Tourismus-Börse.
OVG wies Gewerkschaftsklage ab
Die Klägerin, eine Gewerkschaft, machte mit ihrer Klage geltend, dass dies gegen den verfassungsrechtlich garantierten Sonntagsschutz verstoße. Während das Verwaltungsgericht die Auffassung der Klägerin teilte, wies das Oberverwaltungsgericht die Klage in der Berufungsinstanz ab. Die in der Allgemeinverfügung genannten Veranstaltungen seien herausragend bedeutsame Ereignisse für die ganze Stadt, die im öffentlichen Interesse die Öffnung von Verkaufsstellen an einem Sonntag ausnahmsweise rechtfertigten.
BVerwG: Sonntagsöffnung nur ausnahmsweise
Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Das verfassungsrechtlich gebotene Mindestniveau des Sonn- und Feiertagsschutzes verlange, dass der Gesetzgeber die Sonn- und Feiertage zur Regel erheben muss. Ausnahmen seien grundsätzlich nur aus hinreichendem Sachgrund zur Wahrung gleich- oder höherwertiger Rechtsgüter zuzulassen. Anlassbezogene Sonntagsöffnungen müssten sich als Annex zur anlassgebenden Veranstaltung darstellen und seien in der Regel auf das räumliche Umfeld der Veranstaltung zu beschränken.
Anforderungen an Ausnahmen
Ausnahmen kämen bei mehrtägigen Großveranstaltungen von nationalem oder internationalem Rang in Betracht, wenn sich deren Ausstrahlungswirkung auf das gesamte Gebiet der Kommune erstrecke. Darüber hinaus müssten die Umstände die Prognose erlauben, die Zahl der von der Veranstaltung selbst angezogenen Besucher werde größer sein als die Zahl derjenigen, die allein wegen einer Ladenöffnung am selben Tag - ohne die Veranstaltung - kämen (prognostischer Besucherzahlenvergleich).
BVerfG-Kriterien zu anlassbezogenen Sonntagsöffnungen anzuwenden
Die Auslegung des § 6 Abs. 1 Satz 1 BerlLadÖffG durch das Berufungsgericht werde diesen Anforderungen zwar nicht in jeder Hinsicht gerecht. Das Gericht habe das aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abzuleitende Erfordernis, dass die Veranstaltung und nicht die Ladenöffnung den Sonntag prägen müsse, nicht ausreichend berücksichtigt. § 6 Abs. 1 Satz 1 BerlLadÖffG lasse im öffentlichen Interesse ausnahmsweise die Öffnung von Verkaufsstellen an jährlich acht, nicht unmittelbar aufeinander folgenden Sonn- oder Feiertagen in der Zeit von 13.00 bis 20.00 Uhr durch Allgemeinverfügung zu. Werde das öffentliche Interesse - wie hier - mit einer Veranstaltung begründet, fänden aber die grundsätzlichen Kriterien Anwendung.
Entscheidung im Ergebnis aber richtig
In Anbetracht der Bedeutung der mehrtätigen internationalen Großveranstaltungen habe Berufungsgericht vom Regelerfordernis der räumlichen Begrenzung auf das Umfeld der Veranstaltungen absehen dürfen, weil sich deren Ausstrahlungswirkung nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen auf das gesamte Stadtgebiet erstreckte. Der gebotene Vergleich der Besucherströme sei aber nicht verzichtbar gewesen. Die angefochtene Entscheidung erweise sich gleichwohl im Ergebnis als richtig, weil vorliegend bindend festgestanden habe, dass die von den Veranstaltungen an einem Sonntag jeweils angezogene Besucherzahl die Anzahl der von der Ladenöffnung angezogenen Besucher überstiegen habe.