Seit 2018 dürfen freie Jugendhilfeträger in Berlin mit Eltern nur noch Zuzahlungen von maximal 90 Euro pro Kind und Monat vereinbaren. Verstoßen sie dagegen, droht ihnen eine Kürzung der Kostenerstattung durch die Stadt. Eine Betreiberin von drei Kindertagesstätten mit rund 400 Betreuungsplätzen wollte das nicht akzeptieren. Ihr Konzept sehe eine bilinguale frühkindliche und vorschulische Bildung und einen höheren Personalschlüssel vor. Dadurch entstehe ein höherer finanzieller Aufwand als er in anderen Kindertagesstätten üblich sei. Diesen müsse die Betreiberin durch Zuzahlungen der Eltern decken.
Als das Land ihr dennoch die monatliche Betriebskostenerstattung für die erbrachten Betreuungsleistungen kürzte, zog die Kita-Betreiberin vor Gericht - und hatte in der letzten Instanz schließlich Erfolg.
BVerwG verweist auf Trägerpluralität und Autonomie der Einrichtungen
Das Bundesverwaltungsgericht erklärte die Berliner Regelung für unverhältnismäßig (Urteil vom 26.10.2023 - 5 C 6.22) und verwies insbesondere auf den allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG und den Grundsatz der Trägerpluralität gemäß § 3 Abs. 1 SGB VIII. Bei der Ausgestaltung der Förderung dürfe nicht nach Wertorientierungen oder Inhalten, Methoden und Arbeitsformen der freien Träger differenziert werden. Diese seien vielmehr wegen der ihnen gewährleisteten Autonomie befugt, in ihrem pädagogischen Leistungsangebot auch über das hinauszugehen, was Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder andere freie Träger für erforderlich halten. Diese Autonomie schließe das Recht ein, die notwendigen, nicht durch öffentliche Förderung abgedeckten Mittel durch Elternzuzahlungen zu erheben.
Mit der gedeckelten Obergrenze habe Berlin zwar einen legitimen Zweck verfolgt, nämlich die in Berlin geltende Elternbeitragsfreiheit zu sichern und zur Verwirklichung von Chancengleichheit die ökonomischen Zugangsschwellen möglichst niedrig zu halten. Hierfür sei die Obergrenze auch geeignet und erforderlich. Im Ergebnis sei die Regelung allerdings unangemessen, "weil sie das vom Bundesgesetzgeber mit einem hohen Rang versehene Rechtsgut der Trägerpluralität bei Überschreiten der Zuzahlungshöchstgrenze ausnahmslos zurücktreten lässt." Die Obergrenze berücksichtigt laut BVerwG nämlich nicht, ob der jeweilige Träger zur Verwirklichung seiner gewählten pädagogischen Zielsetzung zwingend auf eigene Einnahmen angewiesen ist, die er durch Zuzahlungen decken will. Ausgehend von dieser Entscheidung müsse Berlin die einbehaltenen Gelder in Höhe von etwa 200.000 Euro an die Kita-Betreiberin zurückzahlen.