BVer­wG be­fragt EuGH zur An­er­ken­nung eines aus­län­di­schen EU-Füh­rer­scheins trotz Fahr­erlaub­nis­ent­zie­hung in Deutsch­land

Der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Union soll klä­ren, ob eine Ver­pflich­tung zur An­er­ken­nung eines aus­län­di­schen EU-Füh­rer­scheins be­steht, der von einem an­de­ren EU-Mit­glied­staat nach einer Fahr­erlaub­nis­ent­zie­hung in Deutsch­land er­neu­ert wurde. Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat dem EuGH mit Be­schluss vom 10.10.2019 eine ent­spre­chen­de Frage zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­ge­legt (Az.: 3 C 20.17).

In Deutsch­land rechts­kräf­tig wegen Trun­ken­heit im Ver­kehr ver­ur­teilt

Der Klä­ger im zu­grun­de­lie­gen­den Fall hat sei­nen Haupt­wohn­sitz in Spa­ni­en und einen wei­te­ren Wohn­sitz in Deutsch­land. 1990 wurde ihm in Deutsch­land wegen einer Trun­ken­heits­fahrt seine deut­sche Fahr­erlaub­nis ent­zo­gen. 1992 er­warb er in Spa­ni­en eine Fahr­erlaub­nis der Klas­sen A und B. Weil er im De­zem­ber 2008 in Deutsch­land ein Kraft­fahr­zeug mit einer Blut­al­ko­hol­kon­zen­tra­ti­on von 2,12 Pro­mil­le ge­führt hatte, wurde er hier rechts­kräf­tig wegen Trun­ken­heit im Ver­kehr ver­ur­teilt. Zu­gleich wurde ihm vom Straf­ge­richt das Recht ab­erkannt, von sei­ner spa­ni­schen Fahr­erlaub­nis in Deutsch­land Ge­brauch zu ma­chen, und eine Sperr­frist von 14 Mo­na­ten für die Neu­er­tei­lung fest­ge­legt.

Stadt woll­te spa­ni­sche Fahr­erlaub­nis nicht an­er­ken­nen

Den ein­ge­zo­ge­nen spa­ni­schen Füh­rer­schein er­hielt der Klä­ger von den spa­ni­schen Be­hör­den, an die er über­sandt wor­den war, ohne wei­te­res zu­rück. Da­nach wur­den ihm in Spa­ni­en mehr­fach neue Füh­rer­schei­ne der Klas­sen A und B unter Ver­län­ge­rung der Gül­tig­keits­dau­er aus­ge­stellt; zu­letzt am 06.09.2016 ein Füh­rer­schein mit Gül­tig­keit bis zum 22.10.2021. Den An­trag des Klä­gers, diese spa­ni­sche Fahr­erlaub­nis für das Füh­ren von Kraft­fahr­zeu­gen im Bun­des­ge­biet an­zu­er­ken­nen, lehn­te die be­klag­te Stadt Karls­ru­he ab. Wegen sei­ner Trun­ken­heits­fahrt vom De­zem­ber 2008 müsse der Klä­ger zuvor durch ein po­si­ti­ves me­di­zi­nisch-psy­cho­lo­gi­sches Gut­ach­ten nach­wei­sen, dass er die Fahr­eig­nung wie­der­erlangt habe.

Streit um MPU-Pflicht

Die hier­ge­gen er­ho­be­ne Klage ist vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt Karls­ru­he und dem Ver­wal­tungs­ge­richts­hof Mann­heim ohne Er­folg ge­blie­ben. Der in Spa­ni­en er­neu­er­te Füh­rer­schein des Klä­gers müsse auch unter Be­rück­sich­ti­gung des uni­ons­recht­li­chen An­er­ken­nungs­grund­sat­zes nicht an­er­kannt wer­den. Mit der Er­neue­rung des spa­ni­schen Füh­rer­scheins nach der Ab­erken­nung des Rechts, hier­von in Deutsch­land Ge­brauch zu ma­chen, habe der Klä­ger nur ein neues Füh­rer­schein­do­ku­ment er­hal­ten. Die Er­neue­rung eines Füh­rer­scheins in Spa­ni­en werde dort zwar vom Be­stehen eines Ge­sund­heits­tests ab­hän­gig ge­macht, nicht aber von einer Über­prü­fung der Min­dest­vor­aus­set­zun­gen für das Aus­stel­len eines Füh­rer­scheins nach Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2006/126/EG über den Füh­rer­schein und damit auch nicht von einer um­fas­sen­den Über­prü­fung der Fahr­eig­nung.

EU-Re­ge­lung un­klar

Das BVer­wG hat das Ver­fah­ren jetzt aus­ge­setzt und dem EuGH die Frage vor­ge­legt, ob der uni­ons­recht­li­che An­er­ken­nungs­grund­satz der Richt­li­nie 2006/126/EG über den Füh­rer­schein zur An­er­ken­nung eines aus­län­di­schen EU-Füh­rer­scheins der Klas­sen A und B ver­pflich­te, der dem Be­trof­fe­nen nach der Ab­erken­nung des Rechts, hier­von in Deutsch­land Ge­brauch zu ma­chen, in dem an­de­ren EU-Mit­glied­staat im Wege der Er­neue­rung (=Ver­län­ge­rung der Gül­tig­keits­dau­er) nach Art. 7 Abs. 3 Un­terabs. 2 der Richt­li­nie 2006/126/EG aus­ge­stellt wurde. Nach die­ser Vor­schrift kön­nen die Mit­glied­staa­ten die Er­neue­rung von Füh­rer­schei­nen der Klas­sen A und B von einer Prü­fung der Min­dest­an­for­de­run­gen an die kör­per­li­che und geis­ti­ge Taug­lich­keit für das Füh­ren die­ser Fahr­zeu­ge ab­hän­gig ma­chen; sie sind hier­zu je­doch nicht ver­pflich­tet.

BVerwG, Beschluss vom 10.10.2019 - 3 C 20.17

Redaktion beck-aktuell, 10. Oktober 2019.

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