Bayern muss an Verein überlassenes beschlagnahmtes Grundstück herausgeben

Wer einem Verein ein Grundstück überlässt, kann sich gegen die mit einer vereinsrechtlichen Verbotsverfügung verbundene Beschlagnahme- und Einziehungsanordnung nur dann erfolgreich wehren, wenn er geltend macht, dass er durch die Überlassung die verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins nicht vorsätzlich gefördert hat. Der Vorsatz muss sich laut Bundesverwaltungsgericht auf alle objektiven Merkmale, also auch auf die Überlassung beziehen.

Klägerin überlässt Grundstück neonazistischem Verein

2014 stellte das Bayerische Innenministerium fest, dass das "Freie Netz Süd" eine Ersatzorganisation der verbotenen Vereinigung "Fränkische Aktionsfront" sei, verbot die Vereinigung und löste sie auf. Die Behörde beschlagnahmte hierbei zugleich das dem Verein von der Klägerin überlassene Grundstück und ordnete dessen Einziehung zugunsten des Freistaats Bayern an. Das VG hat die gegen die Beschlagnahme und Einziehung des Grundstücks gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der BayVGH beide Anordnungen aufgehoben, da jedenfalls der Nachweis fehle, dass der Vorsatz der Klägerin auch die Vereinseigenschaft des "Freien Netzes Süd" umfasst habe. Die hiergegen eingelegte Revision des Freistaats ist erfolglos geblieben.

Grundstück stand im Eigentum der Klägerin

Nach §§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, 12 Abs. 2 Alt. 1 VereinsG in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Satz 2 VereinsG sei mit einem Vereinsverbot in der Regel die Beschlagnahme und die Einziehung von Sachen Dritter zu verbinden, soweit der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat, so das BVerwG. Diese Rechtsgrundlage sei hier anzuwenden, da das betroffene Grundstück im Eigentum der Klägerin als Dritte steht und nicht als Vereinsvermögen im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VereinsG anzusehen ist. Zwar sei das Vereinsvermögen nicht zivilrechtlich, sondern wirtschaftlich und damit weit zu verstehen. Maßgeblich sei das tatsächliche Herrschaftsverhältnis im Sinne eines Vereinsgewahrsams. Ausgenommen vom Begriff des Vereinsvermögens seien jedoch Sachen im Eigentum Dritter.

Nicht vorsätzlich verfassungswidrige Bestrebungen gefördert

Zu Recht habe das Berufungsgericht sämtliche Merkmale des objektiven Tatbestandes als Bezugspunkt des Vorsatzes angesehen. Insbesondere müsse sich der Vorsatz des Dritten auch darauf beziehen, dass die Überlassung seiner Sache an den Verein dessen verbotswürdige Tätigkeit gefördert hat. Dies erfordere, dass er bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre um die Existenz dieser Vereinigung und ihrer verfassungswidrigen Bestrebungen weiß und deren Förderung zumindest billigend in Kauf nimmt. Nach den Feststellungen der Vorinstanz habe die Klägern nicht gewusst, dass sie das Grundstück an das "Freie Netz Süd" als Verein überlassen habe. Denn sie habe keine zumindest laienhafte Vorstellung davon entwickelt, dass die verfassungswidrigen Aktivitäten in organisierter Form von einem Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG vorgenommen worden seien. An diese Tatsachenfeststellung sei das Gericht mangels vom beklagten Freistaat erhobener Verfahrensrügen gebunden.

BVerwG, Urteil vom 17.05.2023 - 6 C 5.21

Redaktion beck-aktuell, Miriam Montag, 19. Mai 2023.