Personen ohne Girokonto Barzahlung übergangsweise zu ermöglichen
Die Regelung in der Beitragssatzung darf nach den Urteilen des BVerwG bis zu einer Neuregelung weiter angewendet werden. In der Zwischenzeit müsse der Hessische Rundfunk allerdings solchen Beitragspflichtigen, die nachweislich weder bei privaten noch bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten ein Girokonto eröffnen können, die Zahlung des Beitrags mit Bargeld ohne Zusatzkosten ermöglichen.
Beitragssatzung sieht nur Lastschrifteinzug oder Überweisung vor
Die Kläger sind als Wohnungsinhaber rundfunkbeitragspflichtig. Sie wenden sich gegen die Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge durch den beklagten Hessischen Rundfunk und begehren hilfsweise die Feststellung, dass sie berechtigt sind, Rundfunkbeiträge in bar zu zahlen. Der Beklagte hat die von den Klägern jeweils angebotene Barzahlung unter Verweis auf § 10 Abs. 2 seiner Beitragssatzung abgelehnt. Darin ist geregelt, dass der Rundfunkbeitrag nur durch Lastschrifteinzug, Einzelüberweisung oder Dauerüberweisung entrichtet werden kann.
BVerwG holte zunächst Vorabentscheidung des EuGH ein
In den Vorinstanzen waren die Klagen erfolglos geblieben. Auf die Revisionen der Kläger hatte das BVerwG dem Europäischen Gerichtshof mehrere Fragen zur Auslegung des Begriffs des gesetzlichen Zahlungsmittels im Unionsrecht und zur Reichweite der ausschließlichen Kompetenz der Union im Bereich der Währungspolitik zur Vorabentscheidung vorgelegt (BeckRS 2019, 10484 und NVwZ 2019, 974).
Regelung in BBankG kann Barzahlungsausschluss nicht entgegengehalten werden
Nachdem der EuGH die Vorlagefragen beantwortet hatte (NJW 2021, 1081), hat das BVerwG (Az.: 6 C 2.21 und 6 C 3.21) die Revisionen der Kläger nun zurückgewiesen. Unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Barzahlungsausschluss in der Beitragssatzung des Beklagten nicht die bundesrechtliche Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG entgegengehalten werden könne, wonach auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel seien. Denn diese Norm determiniere in Anbetracht ihres Ziels und ihres Inhalts die rechtliche Ausgestaltung des Status der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel. Sie verstoße damit gegen die ausschließliche Regelungskompetenz der Union im Bereich der Währungspolitik (Art. 3 Abs. 1 Buchst. c AEUV).
Ausnahmsloser Barzahlungsausschluss aber EU-rechtswidrig
§ 10 Abs. 2 der Beitragssatzung stehe allerdings seinerseits nicht uneingeschränkt in Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben, die der EuGH in der genannten Entscheidung näher ausgeformt habe, so das BVerwG weiter. Danach beinhalte der Status als gesetzliches Zahlungsmittel lediglich eine grundsätzliche Verpflichtung zur Annahme von Euro-Bargeld zu Zahlungszwecken. Daher seien die Mitgliedstaaten befugt, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen Ausnahmen von der Annahmepflicht vorzusehen. Diese Voraussetzungen seien bei § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung überwiegend erfüllt: Anders als § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG determiniere die Regelung nicht die rechtliche Ausgestaltung des Status der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel, sodass kein Eingriff in die ausschließliche Kompetenz der Union für die Währungspolitik vorliegt. Auch führe die Regelung nicht zu einer rechtlichen oder faktischen Abschaffung der Euro-Banknoten. Sie sei zudem aus Gründen des öffentlichen Interesses, nämlich der Kostenersparnis sowie der effizienten Durchsetzung der Beitragserhebung erlassen worden. Der in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung geregelte Ausschluss der Barzahlungsmöglichkeit sei ferner geeignet, das verfolgte Ziel von öffentlichem Interesse zu erreichen.
Beitragspflichtige ohne Girokontenzugang unverhältnismäßig beeinträchtigt
Ein Unionsrechtsverstoß liege jedoch darin, dass mangels einer Ausnahmeregelung diejenigen Beitragspflichtigen, die keinen Zugang zu einem Girokonto erhielten, unverhältnismäßig beeinträchtigt werden. Auf die Möglichkeit der Bareinzahlung bei einem Kreditinstitut auf das Beitragsabwicklungskonto ARD/ZDF/Deutschlandradio könnten sie wegen der damit verbundenen erheblichen Zusatzkosten nicht verwiesen werden. Aus demselben Grund liege in dem Barzahlungsausschluss auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
Satzung übergangsweise mit Maßgabe einer Berücksichtigung von Härtefällen anzuwenden
Diese Rechtsverletzungen führen laut BVerwG jedoch im Ergebnis nicht zum Erfolg der Revisionen der Kläger. Das BVerwG hat angeordnet, dass § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung übergangsweise mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass der Beklagte solchen Beitragspflichtigen, die nachweislich weder bei privaten noch bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten ein Girokonto eröffnen können, die Zahlung des Beitrags mit Bargeld ohne Zusatzkosten ermöglicht. Da die Kläger jeweils über ein Girokonto verfügen, können sie sich auf diese Maßgabe nicht berufen.